Świebodzice, 25.02.2005

Ich beantworte die Fragen der Jugendlichen

Am 8. März 1944 wurde ich, als 16 jähriges Mädchen von der Gestapo verhaftet. An diesem Tag fand die Pazifizierung des Ortes statt. Die alten Einwohner wurden erschossen und die jungen wurden in Autos gepackt und in Gefangenschaft geschickt.

Ich wurde in Radomsko in Haft gehalten. In diesem Gefängnis fingen die Torturen des Verhörs durch die Gestapo an. Man hat solche Methoden angewendet, dass es eine unmenschlichen Qual war. Nach einer Woche wurden die Häftlinge aus dem Pawiak-Gefängnis weiter transportiert. Wir wurden an diesen Transport angeschlossen. Die Verhältnisse waren schrecklich: in Viehwagons, ohne Nahrung und in der Kälte.

Es hat 2 Wochen gedauert, bis wir in Ravensbrück angekommen sind. Es hat die Hölle angefangen, als wir das Tor des Lagers überschritten haben. Die SS-Frauen waren wie Bestien: sie schlugen uns und traten, wenn eine von uns nicht richtig in Reih und Glied antreten konnte. Ich habe viel geweint, dass ich zu einem solchem Schicksal verurteilt worden war. Ich konnte mich mit diesen Verhältnissen gar nicht abfinden; das Schlagen ohne Ursache… Es reichte nicht, dass die Menschen wie Skelette aussahen, es hat ihnen Spaß gemacht, sie gänzlich zu vernichten. Das Essen war ekelhaft: getrocknete, bittere Kohlrübe, die mit dem Sand gemischt war, das Brot, das aus gemischtem Getreide- und Kastanienmehl gebacken war. Man hat es von Hunger gegessen, weil es nichts anderes gab. In Ravensbrück habe ich 7 Wochen verbracht. In dieser Zeit wurde ich einem Experiment untergezogen. Man spritzte mir in die Scheide eine weiße, mir bis heute unbekannte Flüssigkeit ein. Danach bekam ich hohes Fieber und kriegte starke Bauchschmerzen. Es war wirklich sehr schmerzhaft.

Das Experiment hat ein Mann geführt, der eine SS-Uniform trug. Wir mussten uns jeden Tag, zwei Wochen lang, nackt im Revier stellen. Man untersuchte uns und machte Fotos. Nach sieben Wochen sind wir in Neubrandenburg zu einer sehr schweren Arbeit weggefahren worden. Wir haben da im Wald ein neues Lager gebaut. Diese Arbeit war sehr schwer, bei Zement und Ziegelstein. Man musste schwere Wagen oft hochschieben. Die Anhöhen waren manchmal so groß, dass uns vor Anstrengung die Augen aus den Augenhöhlen traten, man durfte aber keine Pause machen, weil die Ausseherin sofort zur Bewusstseinlosigkeit schlug. Jeder Tag war eine Hölle. Die Appelle fanden jeden Tag morgens und abends je zwei Stunden statt, während dessen man unbewegt stehen musste.

Ihr fragt, woher wir die Kraft geschöpft haben, um weiter zu leben. Nicht alle waren in der Lage, das auszuhalten. Viele zogen es vor, ihr Leben in den bestromten Stacheldrähten zu beendigen. Ob wir Hass auf die Henker hatten? Ja, sehr große sogar, es fehlen mir die Worte, um sie zu benennen. Es waren grenzenlose Bestien. Ich hege keinen Groll gegen das deutsche Volk. Es ist an der Bestialität nicht der Schuldige. Hitler hat die Leute für diese mörderische Arbeit ausgewählt. Ob ich Deutsche nachher hasste? Ich habe persönlich viele Kontakte zu deutschen Bürgern und ich schätze sie sehr. Ich schätze es, dass sie sich für diese grauenhafte Geschichte interessieren und uns angemessen den Möglichkeiten helfen. Sie haben ein großes Herz für uns und wollen das Unrecht, das uns ihre Mitbürger der alten Generation angetan haben, wiedergutmachen.

Ich hoffe, dass es sich nie wiederholt, und dass die Bestien nicht mehr existieren.

Maria Mielinska

geborene Zafoń
geb. 29.09.1926
von März 1944 bis Mai 1945 Ravensbrück – Neubrandenburg Nr. 30953

Świebodzice

Übersetzt von Anka Bibrzycka