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Vom 4.10.-31.01.2021 wird im Zentrum für Dialog und Gebet eine Ausstellung unter dem Titel  "Überfall auf Polen" präsentiert. 
Die Exposition wurde von der Friedensbibliothek/Antikriegsmuseum der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg vorbereitet, mit der unser Haus seit 12 Jahren zusammenarbeitet.

Anlässlich des 80. Jahrestages des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs besuchte diese Wanderausstellung im vergangenen Jahr zehn Städte in der Bundesrepublik Deutschland.
Es dauerte 10 Jahre, um Fotografien zu sammeln, die aus polnischen und deutschen Archiven, aber auch aus Privatsammlungen stammen. Die Vorbereitung der gesamten Ausstellung dauerte zwei Jahre.

180 Schwarzweißfotos mit Bildunterschriften, Texte von Hitlers Reden, Befehlen deutscher Offiziere und Zeugnisse der Opfer haben verschiedene Aspekte der deutschen Besatzung in Polen präsentiert. Die Erschaffer der Ausstellung wollten mit diesen Fotografien den Krieg aus der Perspektive der einfachen Menschen, die von ihm betroffen waren, zeigen.

In Polen wurden zuerst im Zentrum für jüdische Kultur in Krakau und dann in unserem Haus drei von fünf Teilen der Originalausstellung präsentiert, in denen sich die Autoren auf bestimmte Themen konzentrierten: " Überfall auf Polen  1939", "Lebensraum im Osten" und "Aussiedlung  in den Tod .
 

Überfall auf Polen  1939

 



Polen war das Land in Europa, das im Zweiten Weltkrieg als erstes überfallen und fast als letztes wieder verlassen wurde. Gemessen an der Vorkriegsbevölkerung hatte es die meisten Opfer zu beklagen: etwa ein Drittel waren 1945 nicht mehr am Leben.
 
Schon am 22. August 1939 gab Hitler vor Wehrmachtsführern auf dem Obersalzberg bekannt, dass er einen Anlass zur Auslösung eines Krieges mit Polen suchen werde: „Bei Beginn und Führung des Krieges kommt es nicht auf das Recht an, sondern auf den Sieg“.
Nach dem von deutscher Seite in Szene gesetzten „polnischen Überfall“ auf den Sender Gleiwitz in Oberschlesien überfiel am 1. September Hitlerdeutschland das militärisch hoffnungslos unterlegene Polen. Schon ab den frühen Morgenstunden wurde die Kleinstadt Wielun durch ein Flächenbombardement dem Erdboden gleichgemacht. 1200 Menschen starben – das erste Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkrieges. Stück für Stück eroberten deutsche Truppen das Land, die Bombardierung Warschaus mit Stukas machte aus der Stadt mit eineinhalb Millionen Einwohnern einen Trümmerhaufen. Nach knapp 30 Tagen lag Polen besiegt am Boden und wurde zwischen Hitlerdeutschland und der Sowjetunion aufgeteilt.
Die deutschen Truppen  gingen mit der von Hitler befohlenen " größten Härte" vor. Wehrmacht , Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und die Milizen des Volksdeutschen Selbstschutzes gingen auf äußerst  grausame Weise mit der Zivilbevölkerung um.

 

Herausreißen eines polnischen  Grenzpfahl.
1 September 1939                 

Die deutsche Luftwaffe bombardierte offene Städte und Dörfer




Wielun, eine Kleinstadt  nahe Breslau war die erste durch deutsches Flächen Bombardement zerstörte Stadt des II Weltkrieges. In ihr befand sich kein polnisches Militär,  1. September 1939

Aus einem privaten Fotoalbum : Vormarsch, September 1939

Die  deutschen Soldaten erschossen vom ersten Kriegstag an Wehrlose .Bei der Exekution  am         
7. September 1939 auf dem Markt von Bydgoszcz wurden tausende umgebracht. 

Deutsche Soldaten posieren vor brennenden Häusern bei Wloclawek. Leslau . September 1939

Polnische Flüchtlinge.

Bei der Siegesparade Hitlers blieben die meisten zu Hause. Es waren nur ein paar hundert Deutsche da. W. Bartoszewski . Warschau 5.
Oktober 1939

Deutsche Ansichtspostkarte vom Verlag Photo- Hoffmann, München. “Polnische Gefangene warten auf den Abtransport“, 1939.  Die rund 420.000  polnischen Kriegsgefangenen wurden ab 1940 zur Zwangsarbeit eingesetzt.

„Lebensrauum im Osten” 1939-1944

„Polenevakuierung“ - Auf dem Weg zum Bahnhof, Warthegau 1940



In Polen wurde ein brutales Besatzungsregime mit Verhaftungen, Deportationen und Hinrichtungen errichtet. Die Besatzer Beschlagnahmten polnisches Eigentum, schlossen die höheren Schulen, zerstörten und raubten Kunstwerke. Hitlerdeutschland war seit dem ersten Kriegstage bestrebt, einen 'Rassekrieg' gegen die polnische Bevölkerung zu führen. Für die sog. nichtdeutsche Bevölkerung des Ostens sollte es keine Schule mehr geben, das Ziel war lediglich einfaches Zählen bis 500, das Schreiben des eigenen Namens sowie den Deutschen gehorsam zu sein.
Mehrere Hunderttausend Polen wurden in Straflagern und Zuchthäusern als Sklavenarbeiter ausgebeutet und getötet.  Hunderttausende von Polinnen und Polen  wurden aus ihren Häusern vertrieben , um deutschen "Lebensraum im Osten"  zu schaffen.
Eine rücksichtslose Ausplünderung, Massenmord an der Intelligenz, Vertreibung der Bevölkerung sowie die Deportation zur Zwangsarbeit nach Deutschland waren an der Tagesordnung. Durch die Beschlagnahme eines großen Teiles der Lebensmittel und landwirtschaftlichen Güter herrschte schon bald Hunger fast im ganzen Land. Als 'rassisch minderwertig' eingestuft wurde den Polen jegliches Recht auf ein menschenwürdiges Leben verwehrt. Ein irgendwie gearteter eigener Staat Polen sollte nie wieder entstehen.                                                                                                                                              
 

Deutsche Soldaten auf den Trümmern des Grundwald -Denkmal. Auch viele andere für Polen wichtige Denkmäler wurden zerstört. Krakau Winter 1939-40

Alle öffentlichen Bibliotheken wurden geschlossen, viele Millionen Bücher vernichtet: Sammelstelle zur Beschlagnahme und Vernichtung  von Büchern und Archivalien , Possen , Poznań 1942

Verordnung des Generalgouverneurs Hans Frank vom 24. April 1940 über die Pflicht , sich für die Landarbeit in Deutschland  zur Verfügung zu stellen. Während des II Weltkrieges wurden Nahezu  3 Millionen Polen zur Zwangsarbeit verschleppt.

Polnische Bauern, die ihre Höfe verlassen mussten. Wartheland , ca. 1940. Etwa zweieinhalb Mill. Polen wurden ‘umgesiedelt „ 860.000 in Gefängnisse oder Konzentrationslager gesperrt.

Die polnischen Tafeln an einer Schule wurden entfernt und an ihrer Stelle feierlich deutsche angebracht. Polnische Kinder waren vertan vom Unterricht ausgeschlossen. 1939

Deutsches Geschäft in Krakau , Oktober 1939 im Gegensatz zur einheimischen Bevölkerung litten  Angehörige der Wehrmacht , Polizei und SS keinen Hunger.

Exekution am 13. Dezember 1939 in Krakau

Geiseln auf dem Marktplatz von Drzewica.1939 Kurt Seeliger

Auf dem Weg zur Massenerschießung polnischer Geiseln in Bochnia, 18. Dezember 1939.

Geiseln von Ihrer Erschießung. Drzewica. 1939 Kurt Seeliger

Solche Exekutionen fanden an zahlreichen Orten des Generalgouverments täglich statt. Für einen getöteten deutschen wurden bis zu 300 Polen erschossen.
 

Jan Farion , 1943 sieben Jahre alt. Auch tausende Kinder mussten Zwangsarbeit leisten. Sie erhielten nur die Hälfte der ohnehin unzureichenden Lebensmittelration der Erwachsenen.

Marianna Żołądek, in einem Lager für Zwangsarbeiter in Österreich,  August 1943. Auf ihrem Schoß unter der Wolldecke hält Sie ihren Sohn, den Sie im Juli 1943 noch in Polen zur Welt gebracht hatte.

SS Sturmbannführer Karl Ehrlich , Kommandant des "Polen- Jugendverwahrlagers “in Litzmannstadt/Lodz inspiziert die gerade eingetroffenen Kinder. Von den ca.12.000 inhaftierten Kinder zwischen 2 und 16 Jahren starb rund ein Drittel.
 

„Aussiedlung“ in den Tod

 

Besonders schlimm traf es die jüdische Bevölkerung in Polen. Im besetzten Land organisierten die Deutschen die Vernichtung der europäischen Juden. Sie hatten noch weniger Überlebenschancen als die ohnehin schon rechtlosen Polen nichtjüdischen Glaubens. Während des Krieges fanden rund sechs Millionen Polen den Tod. Drei Bereits im Oktober 1939 entstand in Piotrków Trybunalski -Petrikau das erste Ghetto, 1940 folgten Łódź /Litzmannstadt ,Warschau und 1941  Krakau.
1942 begann die entscheidende Phase der so genannten Endlösung der Judenfragen in den Vernichtungslagern. Von den in den Ghettos Eingesperrten und in die Vernichtungslager Deportierten überlebte kaum jemand. Von den 3 Millionen Juden waren 1945 noch etwa 10% am Leben, hauptsächlich weil sie ins Ausland geflüchtet waren.

 

Bereits am 23 November 1939 ordnete Generalgouverneur Hans Frank an, dass alle Juden Weiße das Armbinden mit einem blauen Davidstern tragen müssen.

Kennzeichnung einen jüdischen Schirmmacher - Geschäftes im Krakauer Ghetto, Mai 1941. Alle polnischen und deutschen Firmenschilder mussten entfernt und durch solche in hebräischer Schrift  ersetzt werden.

Vertreibung der Juden  aus dem für Deutsche vorgesehenen Viertel Krakaus. Um 1939.

Zwangsumzug ins Ghetto. Krakau 1941

Bau der Ghettomauer. Krakau . Mai 1941. Bundesarchiv Koblenz

Bau der Ghettomauer. Krakau . Mai 1941. Bundesarchiv Koblenz

Zwangsumzug ins Ghetto. Krakau 1941

Weibliche Häftlinge im KZ Krakau-Plaszow. 1944

Weibliche Häftlinge in der Kiesgrube des KZ Auschwitz.

Zwangsarbeit jüdischer Frauen im KZ Płaszów. 1943-44

Konzentrationslager Plaszow. Hier waren insgesamt 25000 Menschen inhaftiert. Die erste kamen im März 1943 aus dem Krakauer Ghetto.

Kurz vor der Deportation versuchen viele noch Haushaltgegenstände gegen Lebensmittel einzutauschen.

Deportationen in die Vernichtungslager. Łódź , Sommer 1944.

Bahnhof Krakau:  Transport in das Vernichtungslager Bełżec.

Warten auf die Deportationen  in die Vernichtungslager. Krakau, um 1943.

Deportationen von Juden aus westlichen Ländern. Łódź, Frühjahr 1942.

Deportationen in die Vernichtungslager Łódź , Sommer 1944.
 

Der Kampf um die Menschenwürde

 

Die Tatsache, daß, das Warschauer Ghetto sich 1943 zur Wehr setzte, war kein zufälliges Ereignis. Es war die Folge des vierjährigen Kampfes einer Gemeinschaft, die unter unmenschlichen Bedingungen eingeschlossen war, die erniedrigt und herabgewürdigt wurde. .. Und doch entstanden unter solchen Bedingungen illegale  Universitäten, Schulen, gesellschaftliche Organisationen , eine Untergrundpresse… Der Aufstand war eine Konsequenz jener Aktivitäten, war die letzte noch bestehende Möglichkeit , sich den Bedingungen des Sterbens zu widersetzen…
Der lang anhaltende heldenhafte Widerstand des Ghettos zerstörte die Legende von der Unbesiegbarkeit der deutschen Wehrmacht….
Marek Edelman



 

Janusz Korczak, (eigentlich Henryk Goldschmidt) 22.7.1878, vermutlich 7.8.1942 , Kinderarzt, Autor, Pädagoge und Leiter des Waisenhauses im Warschauer  Ghetto. Im August 1942 Deportation der ca. 200 Kinder in das Vernichtungslager Treblinka. Trotzt eines  Rettungsangebotes für ihn selbst verließ er die Kinder nicht.

Irena Sendler , 15.2.1910 -12.5.2008  Sozialarbeiterin und Krankenschwester. Schmuggelte zusammen mit Helfern ca.2500 jüdischer Kinder aus dem Warschauer Ghetto , besorgte falsche Papiere  und brachte Sie in polnischen Familien, Klöstern und Waisenhäusern unter.

Emanuel Ringelblum 1890-1944 Initiator des Untergrundarchivs im Warschauer Ghetto um die Verbrechen an den Bewohner zu dokumentieren. Im März 1944 wird sein Versteckt  verraten, er zusammen mit der Familie und Ihren polnischen Beschützern erschossen.

Ester Altenberg, 1916- April 1943 Teilnehmerin des Aufstandes im Warschauer Ghetto.

Tema Schneidermann, 1917/1943. Als Kurierin der jüdischen Widerstandsbewegung  war Sie zwischen Warschau, Białystok und Wilna unterwegs. 1943 gefasst und in Treblinka ermordet.

Marek Edelman, 1919-2009. Einer der führenden Köpfe des Warschauer-Ghetto-aufstandes. An dessen Ende im Mai 1943 durch die Kanalisation geflohen. 1944 Teilnahmen an Warschauer Aufstand

Czesław Miłosz, 1911-2015. Schriftsteller. Während der Okkupation im Untergrund rettete mehrere Juden das Leben.

Witold Pilecki 1901-1948. Rittmeister , Mitbegründer der geheimen poln. Armee. 1940 freiwillig ins KZ Auschwitz, 1943 Flucht.

Maksymilian Kolbe, 1894-1941.  Franziskaner.1941 ging er im KZ Auschwitz freiwillig in einen Mithäftling in den Hungerbunker  und wurde dort ermordet.

Witold Hulewicz, 1895-1941. Untergrundredakteur. Verhaftung, Hinrichtung in Palmiry bei Warschau.


Als die Rote Armee nur noch fünf Tagesmärsche-ca. 50km – von Warschau
entfernt war, wurde am 1.August 1944 der Warschauer Aufstand einstimmig im Namen aller im Widerstand tätigen Gruppierungen ausgerufen. Anfangs gelang es den Aufständischen  große Teile der Stadt zu befreien. Deutscherseits wurde der Kampf mit äußerster Brutalität geführt. Systematisch wurde Haus für Haus vernichtet .Fast täglich kam es zu Massenmorden an der Zivilbevölkerung . Ohne rechtzeitige Hilfe von außen musste  nach  63 Tagen verzweifelter Gegenwehr kapituliert werden.
L.M. Bartelski, S. Kopf, J.Tomaszewski



 

Barrikadenbau im Stadtteil Powiśle. Warschau, 1944 T. Bukowski

Am 14 August schalteten die Deutschen die Wasserversorgung ab: Bewohner bei dem gefährlichen Überqueren der ul. Złota auf dem Weg zu einem Brunnen.

Aufständischer Plakatkleber im Stadtteil Śródmieście Północ T. Bukowski

Aufständischer von der Gruppe „Rafałki“ aus dem Stadtteil Powiśle. Warschau, August 1944. T. Bukowski

Ausweiskontrolle durch Aufständische in der Warecka-Starße
 

Trümmer und Ruinen. Warschau  1945-47

 

Auf dem Gebiet des Ehemaligen Ghettos 1947,  Jindrich Marco.

Unmittelbar nach dem Krieg war Warschau eine leere, ausgestorbene Stadt. Nur langsam kehrte das Leben zurück.

Podwale- Straße vom Schloßplatz aus, 18 März 1945 L.Sempoliński

Marktplatz der Warschauer Altstadt, Dekert-Seite. Die Zerstörung wurde auf ausdrücklichen Befehl Hitlers und Himmlers nach der Niederschlagung des Aufstandes im Oktober 1944 durchgeführt.

In der Piwna-Gasse. 85% Warschaus waren 1945 komplett zerstört, darunter alle Brücken. L. Sempoliński

In der Piwna-Gasse. 85% Warschaus waren 1945 komplett zerstört, darunter alle Brücken. L. Sempoliński

Rückkehr in ein ausgestorbenes Trümmerfeld.
700 000 Warschauer kamen während der deutschen  Okkupation ums Leben davon mehr als  300 000 Juden.

Rückkehr nach Warschau,. Januar 1945
 

Die Welt geht unter, und  man wird es nicht wissen. Alles was gestern war, wird man vergessen haben; was heute ist, nicht sehen; was morgen kommt, nicht fürchten. Man wird vergessen haben, daß man den Krieg verloren, vergessen haben, daß man ihn begonnen, vergessen, daß man ihn geführt hat.
Darum wird er nicht aufhören.

Karl Kraus