November 27, 2019 - November 29, 2019
Studienreise nach Auschwitz des Jugendchors der Evangelischen Schulgemeinschaft Erzgebirge
Der Jugendchor der Evangelischen Schulgemeinschaft Erzgebirge besteht aus ca. 120 Sängerinnen und Sängern zwischen 14 und 19 Jahren. Markenzeichen des Chores sind seine stilistisch vielfältigen und thematischen Konzertprogramme, deren Palette von a-capella-Programmen bis hin zu großen chorsinfonischen Aufführungen reicht. So erklangen beispielsweise Verdis „Messa da Requiem“, Mendelssohns „Paulus“ und „Christus“, Bachs „Johannespassion“ oder die Friedensmesse „The armed man“ von Karl Jenkins.
„Spiel des Grauens“. Musiktheaterprojekt zum Auschwitzer Frauenorchester
Einhundertvierzig Schülerinnen und Schüler der Evangelischen Schulgemeinschaft Erzgebirge Annaberg-Buchholz erinnern im Januar 2020 auf der Theaterbühne an den 75. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungs- und Arbeitslagers Auschwitz, indem sie ein musikalisches Theaterprojekt präsentieren, in dessen Zentrum das Frauenorchester dieses unmenschlichen Ortes steht.
Die Mitglieder des Orchesters, die in der Zeit ihrer Internierung in Auschwitz z.T. kaum älter waren als die beteiligten Schülerinnen und Schüler der Aufführungen, mussten musikalische Zwangsarbeit verrichten. Das bedeutet auch, dass sie für ihr Überleben einen furchtbaren Preis bezahlten: sie mussten auf der Rampe spielen, während ihre Mithäftlinge ankamen, selektiert wurden und in die Gaskammern gingen, oder am Lagertor, während die Arbeitskommandos aus dem Lager getrieben wurden, auf Exekutionen oder zum abendlichen Amusement der SS-Leute im Lager. Für all das wurden sie von den Mithäftlichen gehasst. Musik blieb dennoch ihr Rettungsanker und bewahrte ihnen ein Rest Menschlichkeit in für sie lebensfeindlicher Umgebung.
Das Theaterprojekt zeigt mit Mitteln des Theaters ein Stück Kulturgeschichte Deutschlands und Europas; es erinnert und ehrt die Umgekommenen und Überlenden. Die eigens dafür gegründete Theatergruppe an der Evangelischen Schulgemeinschaft wird neben den schauspielerischen Herausforderungen, die ein solch gewichtiges und schwieriges Thema impliziert, auch auf musikalischer Ebene herausragendes zu leisten haben, denn der Orchesterpart wird live auf der Bühne musiziert. Massenszenen, Geräuschkulissen und musikalische Kommentare werden durch den EGE-Jugendchor bewerkstelligt. Dabei orientiert sich die integrierte Orchester- und Chorliteratur am tatsächlich damals musizierten Repertoire des Frauenorchesters, das zwischen UFA-Schlagern, deutscher Klassik und Romantik über Marschmusiken bis hin zu internationaler Opernliteratur reichte. Darüber hinaus nimmt das Stück Kompositionen auf, die in anderen Konzentrationslagern komponiert oder aufgeführt wurde.
Ein solches Projekt hat insbesondere in unserer Region Erzgebirge eine hohe Relevanz, in der Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz weitere Verbreitung im Denken und Lebensgefühl von weitaus mehr Menschen Fuß gefasst hat, als das in anderen Teilen Deutschland der Fall ist. Das Eintreten für Mitmenschlichkeit, das Vermitteln positiver Weltsicht und zuversichtlicher Perspektiven scheint ein Gebot der Stunde. Der Blick in die Abgründe der eigenen Geschichte, den das Theaterprojekt „Spielen um Zeit“ bietet, gerät dabei zum Spiegel auf die großartigen Möglichkeiten unseres Lebens in demokratischer Freiheit. Das Musiktheaterprojekt der Evangelischen Schulgemeinschaft Erzgebirge verleiht dem Wort Erinnerungs-Kultur einen ganz neuen und vielschichtigen Klang.