EDITH STEIN VERBINDET

Hl. Theresa Benedicta vom Kreuz OCD

Philosophin – Theologin – Mystikerin

Internationales wissenschaftliches Seminar

8-10 Juni 2012r. im Zentrum für Dialog und Gebet in Oswiecim

Organisatoren:
Zentrum für Dialog und Gebet in Oświęcim (CDiM), 
Päpstliche Universität Johannes Paul II in Krakau (UPJPII), 
Krakauer Provinz des Ordens der Unbeschuhten Karmeliten

Partner:
Stiftung RENOVABIS
Stiftung ZNAK
Staatliche Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
Marschallamt der Woiwodschaft Krakau

Konferenzsprachen:
Polnisch, Englisch, Deutsch; Simultanübersetzung.


Mit einem internationalen wissenschaftlichen Seminar begannen wir eine Serie von Veranstaltungen unter der Überschrift „Edith Stein verbindet“ aus Anlass des 70. Todesjahres dieser Heiligen.

„Ich fürchtete mich, hierher zu kommen und dachte, wie kann man an ihrem Todesort viel reden? Sollte man da nicht schweigen? Aber jetzt, nach der Konferenz, weiß ich, dass es geht und das Edith Stein’s Worte hier ihren Sinn nicht verlieren, im Gegenteil!” Diese Eindrücke einer Referentin wurden von anderen Teilnehmern bestätigt. 

Das Zentrum für Dialog und Gebet in Oświęcim hatte die besten Kenner von Edith Steins Leben und Werk in Europa eingeladen. Und sie sind gekommen. Im Folgenden versuche ich, wichtige Eindrücke zusammenzufassen.

Nach der Eröffnung der Konferenz durch Priester Jan Nowak, den Direktor des Zentrum für Dialog und Gebet in Oświęcim, und einer Einleitung ins Thema durch Pfarrer Dr. Manfred Deselaers, begrüßte der Ortsbischof der Diözese Bielsko-Żywiec, Bischof Tadeusz Rakoczy die Teilnehmenden herzlich und mit nachdenklichen Worten.

Grußworte an die Konferenzteilnehmer kamen brieflich auch von Kardinal Stanisław Dziwisz aus Krakau.

P. Javier Sancho Fermín OCD, Avila, Spanien, zeigte in seinem Vortrag „Die Würde des Menschen nach Edith Stein“, dass die Frage nach dem Menschen der Motor war, der das Leben und die intellektuelle Suche nach der Wahrheit bei Edith Stein prägte. Damit verbindet sich eng die Frage nach der Würde des Menschen. Der Mensch ein freies und transzendentes Wesen.

Rabbi James Baaden, Oxford, England, sprach über „Das Phänomen Edith Stein und jüdisch-christliche Beziehungen“. Ihre Biografie muss im Kontext anderer Biografien jüdischer Frauen gesehen werden, zum Beispiel der von Regina Jonas, der ersten Rabbinerin der Geschichte, die auch in Auschwitz ermordet wurde. Jedoch gab es kaum Proteste jüdischer Organisationen gegen die Selig- und Heiligsprechung von Edith Stein. Er beschrieb die positive Entwicklung des Dialogs und endete: „Hier an diesem Ort lasst uns nicht vergessen, dass es eine Diskussion war, mit mehr oder weniger bittereren Momenten über die Jahre, die zum Entstehen dieses schönen Zentrums führte“.
(Originalrede)

Pr. Prof. Jan Machniak, Krakau, sprach über „Die jüdischen Wurzeln von Edith Stein“, die für sie nicht nur eine Frage der Herkunft waren, sondern das ganze Leben lang bedeutend blieben.
(Originalrede)

Prof. Dr. Władysław Stróżewski, Krakau, verglich „Die Philosophie des Menschen bei Edith Stein und bei Roman Ingarden“. Er war selbst Schüler von Ingarden gewesen, der wiederum ein enger Freund von Edith Stein war. Obwohl Ingarden, anders als Edith Stein, nicht über eine transzendente Dimension in der Anthropologie sprechen wollte, war er doch für sie offen.
(Originalrede)

Pr. Prof. Wojciech Zyzak, Krakau, betonte „Die Bedeutung des Glaubens in Leben und Werk von Edith Stein“.
(Originalrede)

Dr Mette Lebech, Maynooth, Irland, Gründerin der „The International Association for the Study of the Philosophy of Edith Stein“ (www.edithsteincircle.com). Sie hob in ihrem Vortrag „Edith Stein als Europäische Philosophin“ deren schlesische Herkunft hervor und ihr Interesse an politischen Themen, insbesondere an der Beziehung zwischen Patriotismus und individueller und sozialer Identität.
(Originalrede)

Prof. Anna Grzegorczyk, Posen, , zeigte In ihrem Vortrag “Über den Kulturen – vom Universalismus Edith Steins”, dass auch Menschen asiatischer Kultur die Philosophie Edith Steins verstehen können, weil ihre Anthropologie einen universalen Charakter hat.
(Originalrede)

Dr. Cordula Haderlein, Bamberg, Direktorin einer Edith-Stein-Schule, überzeugte u.a. mit Beispielen aus der Schulpraxis: „Die Bildungsphilosophie Edith Steins – wegweisend für die Herausforderungen der Pädagogik im 21. Jahrhundert”.

P. Prof. Jerzy Gogola OCD, Krakau, sprach über die Dimension des Leidens im Leben von Edith Stein und die Bedeutung, die in diesem Zusammenhang die Mystik des Karmel für sie hatte: „Der Einfluss des hl. Johannes vom Kreuz auf Edith Stein“.
(Originalrede)

Prof. Dr. Claudia M. Wulf, Utrecht, Niederlande. Ihr Referat über „Die Ethik des Opfers. Eine phänomenologische Annäherung an Edith Steins Grundhaltung angesichts des Unausweichlichen” war schon eine Vorbereitung zum Gebet in der Gedenkstätte. „Die Lebensopfer, die an diesem Ort gebracht wurden, lassen sich nicht in Zahlen fassen. Jedes Leben wurde auf individuelle Weise beendet, selbst im Massenvernichtungsapparat. Ein Leben wurde gegeben, eines losgelassen, ein anderes entrissen – in den wenigsten Fällen war es ein freiwilliges Opfer. So hat Edith Stein ihr Opfer wohl verstanden: als stellvertretende Hingabe für ihr Volk, das Volk des Bundes. So verwandelte sich der unausweichliche Raub in ein aus innerer Freiheit dargebrachtes Opfer”.

P. Prof. Joseph Varghese Maliakkal OCD, Vatikan, der aus Indien stammt und das Teresianum in Rom leitet, besprach „Selbsttranszendenz durch Beziehung in der philosophischen Anthropologie Edith Steins“ und betonte die Verantwortung für den Anderen als entscheidend für die eigene Identität.

P. Prof. Placyd Paweł Ogórek OCD, Warschau, stellte ein neues Buch vor: „Joanne Mosley, Edith Stein – Frau des Gebetes”. Wir sahen zwei neue Filme über Edith Stein: „Edith Stein – Partonin von Europa, Patronin von Lubliniec“, von  Bogusława Stanowskiej –Cichoń, und „Das Bekenntnis von Edith Stein“ von Piotr Mielech.

Wichtig für unsere Begegnung war das gemeinsame Gebet.

Mit jüdischen Gebeten begrüßte Rabbi Baaden den Sabbat.

Am Samstag feierte Weihbischof Grzegorz Ryś mit uns die hl. Messe, am Sonntag nahmen wir an der Messe im Koster der Karmelitinnen teil, wo Pater Tadeusz Florek die Predigt hielt.

Gemeinsam gingen wir einen Weg der Besinnung und des Gebetes entlang der Rampe in Birkenau, eine symbolische Teilnahme am letzten Weg von Edith Stein. Wir endeten mit einem jüdischen Totengebet des Rabbiners und einem gemeinsamen Gebet für alle Ermordeten und um Frieden in der Welt.

Das wissenschaftliche Seminar war ein wichtiges Treffen für die wissenschaftliche Szene der Edith Stein Forschung. Einige Fachleute haben sich hier erst kennengelernt. Alle machten die Erfahrung, dass Oświęcim-Auschwitz ein wichtiger Ort geistlicher Reflexion, des Dialoges und des Gebetes ist. Wir haben begriffen, dass die Worte von Edith Stein, der heiligen Schwester Theresa Benedikta vom Kreuz, bis heute Menschen in Europa viel zu sagen haben und dass sie erst aus der Perspektive von Auschwitz ihren tiefsten Sinn offenbaren.

Autor: Mannfred Deselaers

Fotos: Andrzej Stanek