Edyta Stein, Hanna Ulatowska und Martin Blume
Vernissage der Ausstellung „Auschwitz heute“ mit Fotografien von Martin Blume
9.8.2017, 15:00, Zentrum für Dialog und Gebet in Oświęcim, 32-602 Oświęcim, ul. Kolbego 1

Die heutige Erinnerungskultur bezüglich „Auschwitz“ und damit verbundener Themen leidet unter der zunehmenden existentiellen Entfernung der jungen Generationen vom historischen Geschehen. Überschriften wie „Selfie in Auschwitz“ gehen durch die Medien. Spielfilme ersetzen die Begegnung mit den Zeitzeugen. Diskussionen und Theorien verdrängen menschliche Betroffenheit.

Wie kann eine gute Einfühlung in Auschwitz, ein tiefes menschliches Verstehen der damaligen Tragödie geschehen? Das ist eine zentrale Herausforderung für die Fruchtbarkeit der Erinnerung für eine menschliche Kultur der Zukunft. Dieser Herausforderung wollen wir uns in unserem Seminar stellen.

Zunächst geht es um die anthropologische Grundlegung: das Menschenbild in Bezug auf die Beziehung zu Anderen mit den Möglichkeiten und Grenzen der Einfühlung in den Anderen. Dazu benutzen wir die Reflexionen von Edith Stein, die sie in ihrer Doktorarbeit „Zum Problem der Einfühlung“ 1916 darlegte. Edith Stein war damals noch nicht Christin, aber die anthropologischen Themen, die sie damals bearbeitete, hat sie ihr ganzes Leben lang konsequent weiterentwickelt. 1942 wurde sie in Auschwitz ermordet; 1999 erklärte sie Papst Johannes Paul II zur Mitpatronin Europas. Ihre Stimme ist wichtig für christliche Reflexion nach Auschwitz und ihre Reflexionen sind erstaunlich aktuell.

Nach der theoretischen Reflexion geht es um konkrete Erfahrungen, die mit Auschwitz verbunden sind. Hanna Ulatowska war als Kind im Lager Birkenau und wird davon berichten, wie wichtig es für sie war, dass Menschen versucht haben, sie zu verstehen. Es ist nicht so, dass es im Lager Auschwitz unter den Häftlingen kein Mitgefühl mehr gab, es war oft überlebensnotwendig. Hanna Ulatowska lebt heute in den USA und ist Professorin für „Communication disorders“ an der Universität in Dallas. Sie hat u.a. über die Spätfolgen von Traumata bei ehemaligen Häftlingen geforscht und wird auch davon berichten.

Im dritten Teil kommt, verbunden mit der Eröffnung seiner Ausstellung, der Fotograf Martin Blume (der leider vor zwei Jahren gestorben ist) zu Wort. Er hatte intensiven Kontakt mit Hanna Ulatowska und anderen ehemaligen Häftlingen. Er hat versucht, Auschwitz heute so zu fotografieren, dass seine Bilder nicht nur für ihn selbst, sondern auch für den Betrachter zu einer Reise in das Geheimnis von Auschwitz werden, in der bleibenden Spannung von Abstand und Nähe.

Diese Auseinandersetzung mit dem Problem der Einfühlung in Auschwitz ist ein wichtiger Beitrag für die Frage nach einer verantwortungsvollen, vom christlichen Menschenbild geprägten Erinnerungskultur. Im öffentlichen Diskurs über die Gestaltung der Zukunft geht es entscheidend um die Fähigkeit zur Einfühlung in das Leiden der Anderen. Es geht darum, dass wir „nach Auschwitz“ nicht unsere Zwischen-Menschlichkeit verlieren, sondern im Gegenteil stärken. Dafür wollen wir einen Beitrag leisten.

Programm:

  • 15:00  Begrüßung. Direktor Jan Nowak
  • 15:05  Die Bedeutung der Einfühlung in der Erinnerungskultur für den Diskurs über die Gestaltung der Zukunft. Manfred Deselaers
  • 15:20  Edith Stein über das Problem der Einfühlung. Jadwiga Guerrero van der Meijden, Jagiellonen-Universität in Krakau
  • 15:40  Empathie in Auschwitz. Hanna Ulatowska, ehemaliger Häftling des KZ Lagers Auschwitz – Birkenau Professor an der Universität in Dallas, Texas USA
  • 16.00  Martin Blume über das Projekt „Auschwitz heute”. Video-Präsentation
  • 16:10  Eröffnung der Ausstellung
  • 17:00  Hl.Messe aus Anlass des 75. Jahrestages des Todes der hl. Theresa Benedikta vom Kreuz in Auschwitz-Birkenau. Ort: Kapelle des Klosters der Karmelitinnen, 32-600 Oświęcim, ul. Legionów 92

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