Claudia Mariéle Wulf
Dein Leben ist das meine wert
Stellvertretung und Mittlerschaft bei Edith Stein
Auschwitz ist der Ort, um der Opfer zu gedenken. Zum 70. Todestag Edith Steins sollen Aspekt ihres spezifischen Opferseins betrachtet werden. Stein verstand ihr Opfer im Sinne der Stellvertretung, die im Licht ihrer eigenen Gedanken zur Mittlerschaft eine spezifische Sinnrichtung offenbart: ihr Leben zu geben, damit das Leben Anderer geschont werde1. Das ihr abgeforderte und unausweichliche Opfer konnte Stein verwandeln in eine Opfergabe: in das in innerer Freiheit dargebracht Opfer ihres Lebens – stellvertretend für ihr Volk, sühnend für die Täter und bittend für die Kirche, den Karmel und ihre Angehörigen.
Nach einer kurzen phänomenologischen Skizze der Grundhaltung des Opferns wird im Folgenden das Phänomen der Mittlerschaft und der Stellvertretung biblisch diskutiert. In Steins Leben zeigt sich das Opfer in vielen Facetten; sie deutet es selbst schließlich im Kontext der Mittlerschaft als stellvertretendes Opfer an Gott.
1 Die Ethik des Opfers
Eine phänomenologische Annäherung an den Opferbegriff erlaubt, Edith Steins ethische Grundhaltung angesichts des Unvermeidlichen darzustellen. Denn die Wesensphänomenologie lässt sichtbar werden, was das Darbringen des Opfers beinhaltet. Das richtige Opferverständnis trägt dazu bei, die Unausweichlichkeit des Opferns im menschlichen Leben anzunehmen, was in sich schon eine ethische Herausforderung ist. Aus der Wesensanalyse erwächst zudem ein ethischer Appell, das Opfer nur so zu vollziehen, dass darin die größeren Möglichkeiten des Menschen aufscheinen und dass verhindert wird, sich selbst oder andere zum Opfer zu machen. Unter dieser Prämisse kann und muss ein Lebensopfer entsprechend evaluiert werden.
1.1 Opfer – eine phänomenologische Definition
Das Deutsche verwendet für den Akt des Opferns wie für die Opfergabe denselben Begriff: Opfer. Der Vollzug des Opferns lässt sich phänomenologisch wie folgt definieren:
Ein Opfer ist eine freiwillige Gabe: Ein Mensch entscheidet bewusst und freiwillig, etwas zu geben, was für ihn einen gewissen Wert hat; es aufzugeben ist schwer. Er gibt es, um dafür einen größeren Wert zu erlangen. Dabei weiß er nicht, ob er den angestrebten Wert je erhalten wird. Das Opfer ist durch Hoffnung getragen und auf größere Hoffnung gerichtet.
Damit erscheinen einige Wesensmomente des Opfers: die Freiwilligkeit, der Wert, der gegeben und der Wert, der angestrebt wird, die Hoffnung, die das Opfer trägt und das Ziel, die Hoffnung zu vergrößern, ohne dass eine Sicherheit besteht, dass man den angestrebten Wert erhält. Der gegebene wie der erhaltene Wert kann dabei materieller oder immaterieller Art sein.
Diese Wesenselemente werden als solche bestätigt, wenn man für einen Augenblick den umgekehrten Gedankengang wählt:
- Wird jemand zu einem Opfer gezwungen, so erlebt er sich selbst als Opfer einer solchen Maßnahme. Der Verlust von etwas, das man nicht geben will, wird nicht als Opfer, sondern als Tragik erlebt.
- Hat das, was man weggibt, keinen Wert, so stellt das Weggeben auch keinen Verlust dar. Etwas Wertloses wegzugeben, ist kein Opfer.
- Ist jemand sich dessen nicht bewusst, dass der Wert, den er weggibt, größer ist als der Wert, den er erhält, so kann er zum Opfer seines eigenen Opferns werden – auch hier wird das Opfer schlussendlich als Tragik erlebt.
- Wer opfert, weiß nie mit Sicherheit, ob er den angestrebten Wert erhält. Wüsste er es, so wäre seine Gabe ein Preis, den er bezahlt, kein Opfer.
- Der gegebene Wert ist also nur im Modus der Hoffnung gegeben. Wer keine Hoffnung hat, opfert nicht.
- Würde das Opfer die Hoffnung nicht wachsen lassen, so würde man es nicht darbringen.
Eine Opfergabe ist also ein Geschenk, ja der Opfernde kann sich selbst aus innerer Freiheit zum Opfer bringen.2 Wird jemandem hingegen etwas abverlangt, was er nicht geben wollte, so wird er zum Opfer.
Im Lateinischen wird das Opfer, „sacrificium”, unmittelbar mit dem Heiligen verbunden. Man kann das so deuten, dass das Opfer im religiösen Kontext seinen genuinen Raum hat, aber auch so, dass man ein Opfer für etwas darbringt, das man als „heilig“3 erachtet. Der Heilige, dem man opfert, und das Heilige, für das man opfert, haben eine Eigenschaft gemein: Sie sind unerreichbar, nicht aus eigener Kraft einholbar. Weder kann man den Heiligen zwingen, auf das Opfer mit der erbetenen Huld zu antworten, noch kann man das Heilige aus eigener Kraft erwerben. Wäre der Heilige käuflich, so bezahlte man einen Preis; wäre das Heilige machbar, so bräuchte es kein Opfer. Somit wird der Aspekt der Hoffnung noch einmal neu gedeutet: Die Hoffnung richtet sich auf das nicht aus eigener Kraft Erleistbare, auf die unverfügbare, freie Huld des Anderen, oder auf das nicht Machbare, das uns als Geschenk aus dem Unerreichbaren zukommt.
1.2 Opfer als anthropologisches Faktum
Ein Opfer darzubringen, liegt im Bereich der menschlichen Möglichkeiten – aber es ist auch eine Notwendigkeit. Denn der Mensch kann einerseits frei und bewusst die Werte wählen und gegeneinander abwägen, die er geben und erhalten will; er kann frei in das Opfer einstimmen oder es verweigern; andererseits zwingt aber das tägliche Leben jedem Opfer ab, weil man aus Optionen wählen und Möglichkeiten aufgeben muss, um andere zu erhalten.
Opfern ist ein Vollzug in Beziehung. Nicht immer wird das Opfer jemandem oder für jemanden dargebracht; immer aber ist die Beziehung zur eigenen Person tragend. Wer mehr opfert, als er geben wollte, macht sich selbst zum Opfer der eigenen Tat; wer zum Opfer wurde, kann dieses Opfersein als Tragik erleben oder – das ist die höhere moralische Möglichkeit – das Opfersein im Nachhinein annehmen und das als eigenes Opfer darbringen, was unrechtmäßig als Opfer abgefordert wurde. Das Opfer kann aber auch für Andere dargebracht werden; sehr häufig hat es diese soziale Konnotation: Der Opfernde eröffnet durch eigenen Verzicht Möglichkeiten für Andere4 oder trägt zum sozialen Frieden bei5. Ein Opfer kann auch im Dienste der Wahrheit gebracht werden: Edith Stein nennt das Opfer des eigenen Intellekts (es kann auch als Opfer der Hybris verstanden werden), das den Weg öffnet zur tieferen und größeren Wahrheit.6
Auf diese Weise wird das Opfer zum Ausdruck der Moralität. „Moralität“ ist in der phänomenologischen Anthropologie die Doppelheit von Freiheit und Verantwortung angesichts des zu schützenden Wertes.7 Im Opfern muss zwischen Werten abgewogen werden – schon das erfordert eine moralische Grundhaltung –, und das Opfer muss im Modus der Hoffnung, also in einer tugendhaften Haltung8, dargebracht werden: Je größer das abverlangte Opfer, umso größer und vertrauensvoller muss diese Haltung der Hoffnung sein.
1.3 Opfer in der Beziehung zu Gott
Der größte Hoffnungshorizont wird im Glauben aufgespannt. Alle Religionen kennen das Opfer als Ausdruck der Beziehung zu Gott. Eine Religionsphänomenologie analysiert ihre Spezifika. Wesensphänomenologisch kann und darf der Mensch nicht zum Opfer gezwungen werden; zudem zwingt das Opfer den Empfänger der Gabe nicht – Gott bleibt frei. Das Opfer wäre sonst nicht Ausdruck der Hoffnung, des Glaubens und der Liebe, sondern der Forderung, des Misstrauens und der Angst – drei Haltungen, die eher von Nicht-Beziehung als von Beziehung zeugen.
Hoffend auf die göttliche Gnade kann der Mensch auch das noch opfern, was ihm abgefordert wurde und das opfern, was menschliche Opferbereitschaft nicht geben kann: die Freiheit, die Sicherheit, ja das Leben. Grund und Ziel eines solchen Opfers kann nur die umfassende Hoffnung sein, die in Glaube und Liebe wurzelt: dass in Gott das umfassende und endgültige Heil ist.
Im christlichen Kontext zeigt sich, dass Gott selbst das entscheidende Opfer darbringt9: Er ist zugleich Opfernder und Opfer10, ein Opfer, das sich selbst in Jesus Christus zur Opfergabe macht aufgrund seiner eigenen freien Entscheidung.11 Das ist das Einzigartige des Opfers im Christentum: Gott ist das erlösende Opfer und derjenige, der das Opfer annimmt.
2 Opfer im Lichte der Mittlerschaft
Das Opfer erscheint in einem neuen Licht, wenn es in den Kontext der Mittlerschaft gestellt wird. Deren geschichtliche Entwicklung sei anhand biblischer Texte kurz skizziert, die den Grundgedanken von Mittlerschaft und Stellvertretung durchdeklinieren. In diesem kurzen Durchgang scheint schließlich das Spezifische des christlichen Mittlers auf, in dessen Nachfolge Edith Stein ihr Opfer versteht.
2.1 Die Elemente der Mittlerschaft
Der biblische Mittler vermittelt zwischen Gott und den Menschen. Die Mittlerschaft umfasst ein „Schon“ und „Noch nicht“. Das Schon bezieht sich auf die Situation des Mittlers: In seinem Leben, in seinem Reden und Handeln, spiegelt sich das anbrechende göttliche Heil, während sich das Volk in einer Unheilssituation befindet. Das Schon der Mittlerschaft bezieht sich auf die schon ergangene Verheißung, die der Mittler vor dem Volk empfängt: Ihm wird eine heilvolle Zukunft verheißen. Es bezieht sich auf den schon ergangenen und beispielhaft zu lebenden Auftrag, den das Volk später übernehmen soll; insofern zeigt sich im Mittler das stellvertretende Heilshandeln Gottes, das am Mittler verwirklicht, was dem Volk verheißen ist. Gleichzeitig ist es die stellvertretende Zuwendung des Mittlers zu Gott, die das Volk noch nicht vollzogen hat. Sowohl der Mittler wie das Volk sind von Gott berufen und erwählt12; sonst würde Gott sich nicht offenbaren und auf die Vermittlung keinen Wert legen.
Verheißung, Auftrag und Stellvertretung des Mittlers sind – in der jeweiligen historischen Situation – der Unwissenheit, dem Fehlverhaltens und der Verantwortungsverweigerung des Volkes gegenübergestellt. Die Vermittlung eröffnet für Gott die Möglichkeit, sein Heilshandeln im Volk wirksam werden zu lassen.
2.2 Die Entwicklung der alttestamentlichen Mittlerschaft
Die genannten Elemente werden zuerst auf Moses angewandt13, obwohl auch Abraham, der als erster die göttliche Verheißung erhielt, als Mittler angesprochen werden könnte. Doch seine Unheilssituation stellt sich als individuelles Schicksal dar: die Kinderlosigkeit, die den Fortbestand seines Geschlechts bedrohte. Erst die Zusage, dass sein Geschlecht Gottes auserwähltes Volk sein werde, macht ihn zum Mittler des Lebens und des Bundes.14 Die eigentliche monotheistische Verheißung erging erst an Mose.15 Die Unheilssituation ist nun die des auserwählten Volkes in ägyptischer Knechtschaft und später in der Knechtschaft der Sünde. Während der Befreiungssituation ist Mose zwar Überbringer der göttlichen Befreiungszusage, dann aber eher Mittler zwischen dem Volk und dem Pharao. Erst in der Zeit der Wüstenwanderung, in der das Volk sich gegen Gott wendet, tritt Mose als Mittler zwischen Gott und Mensch auf als „Typus und Maß für alle Propheten“16: Er verheißt eine heilvolle Zukunft im Bund mit Gott, wenn das Volk die Gesetze der Bundestafel einhält.17 Der Mittler ist der erste, der am neuen Gebot gemessen wird, was dazu führt, dass er das verheißene Land nicht betreten darf.18 Stellvertretend für das Volk tritt er vor Gott hin und bittet immer wieder um Gnade und Schonung.19 Auch die leidende Stellvertretung kommt ihm zu.20 Die opfernden Leviten, die Dienst im Bundeszelt tun, nehmen als erste Teil an der mosaischen Stellvertretung. Nach der Landnahme sichern nicht allein die Opfer den Bund; auch die Einhaltung des Gesetzes muss gewährleistet werden.21 So entsteht das Amt der Richter, die aber nicht als Mittler, sondern als Sicherung der Gesetzestreue eingesetzt werden und dafür durch den göttlichen Geist begabt und geführt werden.22
Die eigentliche Mittlerschaft wird in der weiteren Geschichte durch die Propheten übernommen. Hier findet sich der Dreischritt Verheißung, Auftrag und Stellvertretung wieder: (a) Die Propheten sind berufen, die göttliche Verheißung dem Volk mitzuteilen.23 Dieses befindet sich in einer Unheilssituation, nimmt diese aber nicht immer als solche war. Insofern sind Heilspropheten wie Jesaja im Volk angesehener als Unheilspropheten; letztere prangern die Sündigkeit der Auserwählten an, die auf die göttliche Mahnung nicht hören wollen. (b) Der Prophet muss als erster auf die Verheißung hören und ihr Folge leisten. Das nimmt bisweilen paradoxale Formen an, weil er in seinem eigenen Leben oder durch sein eigenes Handeln darstellen muss, was Gott zu tun gedenkt; in ihm erscheint als Präsens, was für das Volk erst Zukunft ist.24 (c) Stellvertreter ist der Prophet, insofern er Gottes Stimme repräsentiert; stellvertretend ereilt ihn aber auch das Schicksal des Volkes, in Heil wie in Unheil25.
Als „aus dem zeitweiligen charismatischen Führer der lebenslange König wurde“26, ging die Mittlerschaft auf das Königtum über.27 Auch hier finden sich die drei Elemente wieder: (a) Die mit dem Königtum verbundene Verheißung ist die der endgültigen Gottesherrschaft: „Die prophetisch-messianische Hoffnung auf ein völlig neues, gewaltloses Idealkönigtum konnte geboren werden, das sich ganz als Instrument der Heilsherrschaft Jahwes erweisen würde.“28 (b) Doch wird diese Herrschaft so zufällig oder konstant, so zuverlässig oder unzuverlässig errichtet, wie es dem Charakter des jeweiligen Königs entspricht.29 Der göttliche Auftrag war ein anderer: Der König sollte Vorbild sein; er sollte die Gottesherrschaft in seiner Person repräsentieren – an ihn sind messianische Erwartungen geknüpft30, denen er aber nur entsprechen kann, wenn er Gott in sich zur Herrschaft kommen lässt. (c) Darum wird der König auch persönlich zur Verantwortung gerufen, allerdings nicht ohne dass sein Schicksal auch das seines Volkes wird.31
Im Exil, nach dem Niedergang des Königtums, gewinnt das Prophetentum wieder an Macht. Nun sind die drei Elemente aufgeteilt. (a) Die Propheten mahnen, doch geben sie auch Hoffnung32; sie empfangen die Salbung und den göttlichen Geist33. (b) Aber die nachexilische Theologie versucht weitestgehend ohne Mittler auszukommen: Das Volk wird als Heilsträger unmittelbar zur Verantwortung gerufen.34 Denn auch das einfache Volk empfängt jetzt den Geist.35 (c) Es lässt sich jedoch die Suche nach einem Heilsvermittler nicht nehmen und wählt Kyrus zum Garanten des nachexilischen Heils.36 Es scheint so zu sein, dass das Volk nicht ohne Stellvertreter sein will – selbst wenn dieser aus einem anderen Volke stammt. Auch die nachexilische Situation ist nicht unumwunden als Heilssituation zu beschreiben.37 Weil der Messias sich nicht unmittelbar einfinden will, erscheint in den Schriften ein mythischer Heilsträger, der Gottesknecht.38 Der Verurteilte und Geschlagene kann das zerschlagene Volk repräsentieren, gilt ihm doch die uneingeschränkte Zusage, dass Gott ihn retten und in ihm Heil schenken wird, dauerhaftes Heil.
Doch das Volk will eine Konkretisierung des Heils. Diese war bisher und wird auch nun wieder im Opferritus gesucht.39 Die vorschnelle Heilserwartung, die sich an das Ritual bindet, entlarvt dieses jedoch als Versuch, die göttliche Huld zu erzwingen. Die Kritik an dieser Opferauffassung, die der eigentlichen Opfergesinnung, wie gesehen, widerspricht, ist dem Ersten Testament inhärent.40 Der Priester ist der einzige, der für sein Amt, wie der König, gesalbt wird. Mit göttlicher Vollmacht tritt er für das Volk ein. Doch verkörpert er weniger die Verheißung, die Wortmittlerschaft (Element a fehlt hier also), als mehr die Stellvertretung, die Tatmittlerschaft41 (Element c), die jedoch noch eine schwache Stellvertretung ist, da jeder Hohepriester erst für sich selbst und seine eigene Reinigung opfern muss, bevor er wirksam ein Opfer für das Volk darbringen kann42. Der Opferritus als solcher ist nicht heilsmächtig genug, um die Gottesherrschaft heraufzuführen, vor allem dann nicht, wenn er nicht mit der rechten Gesinnung ausgeführt wird; dann entweiht er den Tempel.43
Die Weisheitsbücher sprechen daher auch eine deutliche Sprache im Hinblick auf die Gesinnung.44 Nicht Opfer, sondern Umkehr ist nötig, nicht Unterhandlung mit Gott, sondern Bekehrung zu ihm. Die Weisheit teilt sich jedem mit; sie hat keinen Mittler nötig, denn sie ist bereits durch Gottes Geist vermittelt.
Das „Schon“ und „Noch nicht“ der alttestamentlichen Mittlerschaft ist eine Geschichte von Hoffnung und Enttäuschung. Die endgültige Gottesherrschaft wurde nicht aufgerichtet. Nicht durch Mose, der das Gesetz, die Lebensordnung des Bundesvolkes mit seinem Gott, verkündete, noch durch die Richter, die dieses Gesetz bewachten sollten. Auch die Propheten, die dem selbstbetrügerischen Volk das Unheil und dem verloren Volk das Heil ankündigten und die jeweiligen Bedingungen nannten, konnten zu keiner dauerhaften Bekehrung zum Herrn des Lebens beitragen. Die Könige waren eine fortgesetzte Enttäuschung; immer wieder nahmen sie das Volk in ihren eigenen Dienst, statt die Gottesherrschaft aufzurichten, die die Königsmacht aufgehoben hätte. Das Volk erlebt sich selbst als zu unzuverlässig; es will nicht ohne Mittler sein und sucht diesen lieber in anderen Völkern oder in einer heilsverheißenen Gottesknechtsgestalt, als die Verantwortung für das Gottesreich selbst zu übernehmen. Die letzte Stellvertretung wird dem Messias zugeschrieben, dem Gesalbten, der die Macht von Königen und Priester in sich vereinigt; in ihm wird die erwartete Gottesherrschaft endgültig aufgerichtet.
2.3 Die neutestamentliche Mittlerschaft
Die neutestamentliche Mittlerschaft bringt eine unerwartete Wende. Nachdem die menschliche Mittlerschaft wieder und wieder fehlgeschlagen war und das menschliche Opfer keine Genugtuung leisten konnte45, nachdem der Einzelne nicht genügend Weisheit bewiesen hatte, sich die göttliche Weisheit zu eigen zu machen und nach ihr zu leben, beschreitet Gott selbst einen neuen Weg: Er sendet als Mittler seinen Sohn46, wie der Hebräerbrief bezeugt
„Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat.“47
In dieser neuen Mittlerschaft ist der die Gottesherrschaft Verheißende zugleich der Verheißene: In ihm bricht die Herrschaft an – dauerhaft und unverbrüchlich.48 Er ist der Messias, der Gesalbte und Gesandte, der sich mit der Verheißung des Jesaja identifiziert.49 Der Neue Bund kann von der Menschheit nicht gebrochen werden, da er vom Gottmenschen geschlossen wurde.
Die drei Elemente der Mittlerschaft sind auch in der Person Jesu Christi präsent.
- Er verheißt das Reich Gottes. Diese Botschaft durchzieht seine ganze Verkündigung. – Gleichzeitig bricht dieses Reich in ihm bereits an.50
- Der Auftrag, das Gottesreich zu verkörpern, wird durch Jesus Christus übernommen; die „Nachfolge Christi“51 darum zum Maßstab christlichen Lebens.
- Die Stellvertretung des Einen für Alle, des Gottmenschen für das Menschengeschlecht ist eine neue Qualität: Gott selbst tritt in die vom Menschen nicht ausfüllbare Leerstelle ein.52
Das Leiden des Mittlers, das im leidenden Gottesknecht vorausgedeutet war, wird nun als „stellvertretendes Leiden und Sterben“53 gedeutet.
Denn „er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen.“54
In der Nachfolge Christi sind Christen berufen, teilzunehmen an der dreifachen Mittlerschaft Jesu Christi. Diese Mittlerschaft ist, anders als die des Gottessohnes selbst, immer eine partielle: Sowohl die Verkündigung des Evangeliums als auch die Umsetzung der Lehre sind und bleiben Stückwerk – wie alles Menschenwerk. Darum kann der menschliche Stellvertreter auch nur eine partielle Stellvertretung vollziehen und dies wiederum nur im Hinblick auf die von Christus bereits vollzogene vollkommene Stellvertretung, denn nur so kann sie – anders als jede andere Stellvertretung – dauerhaft heilswirksam werden. Die menschliche Mittlerschaft vollzieht sich nicht als heilsschaffende wie die des Messias selbst, sondern in „Heilssolidarität“55.
3 Opfer als Mittlerschaft bei Edith Stein
In diese Heilssolidarität tritt Edith Stein mit ihrem Lebensopfer ein. In die Tradition des Alten Bundes hineingeboren und in die des Neuen Bundes hineingewachsen, weiß sie um die Bedeutung des Mittlers und seiner Stellvertretung, denn dem Messias war unser Leben das seine wert.
3.1 Mittlerschaft bei Edith Stein
In dem Text „Natur, Freiheit, Gnade“, den Edith Stein um 1920 formulierte, bietet sie eine kurze phänomenologische Analyse der Mittlerschaft. Der Mittler, der Erlöser, steht zwischen Gott und Mensch. Er stellt „einen unmittelbaren Konnex zwischen der heilsbedürftigen Seele und der Gnade her“56.
- Der Mittler gibt die göttliche Verheißung weiter an den Menschen. Das vollzieht sich in „Akten der Mitteilung über den Heilsweg und alles, was damit zusammenhängt: direkte Mitteilungen oder Nachweis der Quellen aus denen das, was nottut, zu gewinnen ist“57. Die Verkündigung besteht jedoch nicht allein in der Lehre, sondern auch in der tätigen Gnadenvermittlung: „Es besteht die Möglichkeit, dass die Gnade nicht unmittelbar an den Menschen herantritt, sondern den Durchgang durch endliche Personen wählt.“58
- Der Mittler nimmt den Auftrag, der sich an das ganze Volk richtet, vorweg. Seine Vorbildfunktion speist sich aus seiner „Hinwendung zum Quell des Lichts“59.
- Die Vermittlung richtet sich an Andere und kann für Andere geschehen im Sinne einer Stellvertretung.60 Die umfassendste Stellvertretung wird durch Jesus Christus selbst wahrgenommen, weil sie alle einschließt.61
Die Mittlerschaft zeichnet sich durch ähnliche Charakteristika aus wie das Opfer:
Stein konstatiert eine dreifache Freiheit, nämlich die des sich Vermittelnden, die des Mittlers und die der Person, auf die hin vermittelt wird.62 Die Vermittlung göttlichen Wissens an Menschen ist ein freies Angebot, so wie die fürbittende Vermittlung umgekehrt die Freiheit Gottes nicht einschränkt63: „Man kann mit Gott keine Geschäfte machen, weder für sich, noch für die andern. Gott wohlgefällig kann Gott nur sein, was um seinetwillen geschieht.“64 Die Bitte kann nur ein „Appell an die Gnade selbst“65 sein. Der Einsatz des Mittlers ist u.a. ein Anruf Gottes im Gebet; auf diese freie Zuwendung antwortet Gott mit einer freien Gabe. Gnadenvermittelnd tritt auch die Kirche für den Menschen ein66; sie vermittelt die Gnade des „einzigen Stellvertreters aller vor Gott“67, Jesu Christi. Christi Opfer erwächst aus seiner freien Entscheidung; aus Freiheit und in Freiheit gehorcht er dem göttlichen Willen und macht sich selbst zum Opfer, um die Menschen zu erlösen.68 Christi Lebensopfer ist das „Schon“ der Erlösung, das Jetzt des Reiches Gottes, das das „Noch nicht“ umfasst, die eschatologische Erfüllung.
So kann auch ein Mensch „schon“ einen Einsatz für einen anderen leisten (wir nennen insbesondere im Kontext von Schuld die „Sühne“), weil dieser „noch nicht“ selbst für sich eintritt. Menschen können füreinander stellvertretend einstehen, indem jemand „anstelle der Person, der der Vollzug ursprünglich zusteht,“69 diesen Vollzug übernimmt. Wenn jemand stellvertretend eine Strafe übernimmt, kann er zum Ausgleich seine eigenen Verdienste einsetzen. Hier wird ein Wert, der des eigenen – stellvertretenden – Einsatzes, in die Waagschale geworfen, um einen höheren Wert, nämlich Versöhnung mit Gott, zu erlangen.
Allerdings kann der „Hinweis auf eigene Verdienste .. immer nur hypothetisch sein“70, so betont Edith Stein. Hier vollzieht sich etwas Ähnliches wie beim Opfer: Man bringt etwas dar, ohne noch zu wissen, ob das, wofür man opfert, je eintreffen wird. Ebenso tritt der Mittler für eine Vermittlung mit eigener Leistung ein, ohne zu wissen, ob die Vermittlung je Erfolg haben wird.71 Dennoch nährt die Stellvertretung die Hoffnung auf Heil – das verleiht seiner Tat Sinn.72 Wie das Opfer trägt die Stellvertretung zum Wachsen der Hoffnung bei, schließlich zum Wachsen der Hoffnung auf die Gottesherrschaft auch im eigenen Leben.
3.2 Lebensopfer als Mittlerschaft
Im Leben Edith Steins lassen sich in ganz unterschiedlichen Opfern die Wesensmerkmal des Opfers wiederfinden: Zu den unausweichlichen Opfern wie dem Tod ihres Vaters und dem Tod des väterlichen Freundes, Adolph Reinach, wird sie sich erst im späteren Leben frei verhalten können; anfänglich tragen sie den Charakter des Tragischen. Sich selbst abverlangte Opfer prägen Steins Ausbildung, ihren Lazaretteinsatz im Krieg und die Unterstützung ihr anvertrauter Menschen. Die verhinderte Karriere und das Scheitern persönlicher Beziehungen können als aufgezwungene Opfer verstanden werden, die Stein erst später annehmen und als wichtige Etappen ihrer eigenen Reifung auffassen konnte. Verwandelte Opfer prägen die Zeit nach ihrer Bekehrung: Das verhinderte berufliche Fortkommen wird ihr zum Weg in den Karmel; der erzwungene Wechsel nach Echt mündet in ihrem Gesuch, dort für immer aufgenommen zu werden.
Stein entscheidet also mehr und mehr bewusst und freiwillig, etwas zu geben, was für sie einen gewissen Wert hat, um dafür einen größeren Wert zu erlangen. Dabei weiß sie nicht, ob sie den angestrebten Wert je erhalten wird. Ihre Opfer sind durch Hoffnung getragen und auf größere Hoffnung gerichtet.
Die größte Hoffnung, die auf ewiges Leben und auf die Schonung derer, für die sie ihr Leben anbietet, wird in ihrem Lebensopfer sichtbar. Dieses Opfer trägt die Züge einer mehrfachen Mittlerschaft, die sich ausspannt in einem fünffachen Schon und Noch-nicht:
(1) Als Gläubige strebt Stein nach der größeren Ehre Gottes und nach dem Erfüllen des göttlichen Willens. Diesem „Schon“ steht die mangelnde Wahrnehmung der göttlichen Anliegen und seiner Liebe entgegen – auch in der Kirche. So bietet Stein Gott ihr Leben und Sterben an „zu seiner Ehre und Verherrlichung, für alle Anliegen des heiligsten Herzens Jesu und Marias und der heiligen Kirche“73.
(2) Als Staatsbürgerin strebt sie nach Frieden und Versöhnung, doch ihrem schon vollzogenen Versöhnungswillen steht der Hass einer kriegstreibenden Nation gegenüber. Sie bietet ihr Leben an als Bitte um Frieden und als Sühne für die Täter, die den Krieg schüren und ihr Volk verfolgen.
Sie entscheidet sich, sich „dem Herzen Jesu als Sühnopfer für den wahren Frieden anzubieten; dass die Herrschaft des Antichrist wenn möglich ohne einen neuen Weltkrieg zusammenbricht und eine neue Ordnung aufgerichtet werden kann. Ich möchte es heute noch, weil es die 12. Stunde ist. Ich weiß, dass ich ein Nichts bin, aber Jesus will es, und Er wird gewiss in diesen Tagen noch viele andere dazu rufen“.74
(3) Als Deutsche empfindet sie Reue und bietet Sühne an für die Taten ihre Nation. Ihre Sühnetat will den Uneinsichtigen den Weg aus der Ideologie ebnen.
„Ihr geistlicher Begleiter Johannes Hirschmann fragte sie: ‚Wer sühnt für das, was am jüdischen Volk im Namen75 des deutschen Volkes geschieht? […] Wer wendet die entsetzliche Schuld zum Segen für beide Völker?‘ Und sie antwortet damals: ‚Die, die die Wunden, die hier der Hass schlägt, nicht neuen Hass gebären lassen, sondern die, obwohl sie mit Opfer des Hasses sind, das Leid unter den Gehassten und das Leid der Hassenden auf sich nehmen.‘“ 76
(4) Dem Karmel erbittet sie einen tiefen Ordensgeist – eine Haltung, die sie sich selbst erarbeitet und erbetet hat und die sie ihrer Gemeinschaft dauerhaft erfleht.
„Ich bitte den Herrn, dass er mein Leben und Sterben annehmen möchte […] insbesondere für die Erhaltung, Heiligung, Vollendung unseres Heiligen Ordens, namentlich des Kölner und Echter Karmels.“77
Stein ist sich dessen bewusst, dass sie in der Nachfolge des großen Ordensvaters Johannes vom Kreuz steht und mit ihrem Namen auch das Kreuzesschicksal gewählt hat.78
(5) Die Jüdin, die zum Glauben an Christus gefunden hat, hat ein „Schon“ vollzogen, das sie beim auserwählten Volk als ein „Noch-nicht“ wahrnimmt. Die Annahme des Messias steht jedoch auch für Christen in der Spannung der Schon und Noch-nicht, denn die endgültige Ankunft des Heilsbringers steht für Juden und Christen noch aus. So bittet sie Gott, ihr Lebensopfer anzunehmen „zur Sühne für den Unglauben des jüdischen Volkes und damit der Herr von den Seinen aufgenommen werde und sein Reich komme […] schließlich für meine Angehörigen, Lebende und Tote, und alle, die mir Gott gegeben hat: dass keiner verloren gehe.“79 Wird der Begriff „Sühne“ hier auf dem Hintergrund der Mittlerschaft interpretiert, so ist damit keine Schuldzuweisung verbunden, sondern der Versuch einer Vermittlung. Stein sieht sich durchaus als Mittlerin zwischen Gott und dem auserwählten Volk, denn ihr Volk, so das Verständnis Edith Steins, wird in der Shoa Teilhaber am Leiden Christi, ohne zu ahnen, wessen Kreuz es in diesem Augenblick trägt.
„Unter dem Kreuz verstand ich das Schicksal des Volkes Gottes, das sich damals schon anzukündigen begann [hier spielt sie auf die beginnende Judenverfolgung im Jahre 1933 an]. Ich dachte, die es verstünden, dass es das Kreuz Christi sei, die müssten es im Namen aller auf sich nehmen.“80
Stein bietet also an, das Kreuz ihres Volkes stellvertretend zu tragen, um das sich ankündigende Todeslos von ihrem Volk abwenden zu können. Dies ist ihre Stellvertretung im Sinne der Mittlerschaft, ihr frei vollzogenes Opfer um des höchsten Gutes wegen: das Heil ihres vom Unheil bedrohten Volkes.
Steins Lebensangebot umfasst vor dem Ausbruch der Katastrophe also die Bitte in zahlreichen Anliegen, deren Wert sie so hoch einschätzt, dass sie ihren Lebenseinsatz rechtfertigen. Diese Art, ein stellvertretendes Lebensopfer anzubieten, ist im Katholizismus ihrer Zeit durchaus bekannt.81 Welche Frucht solche Opfer weltgeschichtlich tragen, ist jedoch nur heilsgeschichtlich, nicht profangeschichtlich ergründbar.
3.3 Das stellvertretende Opfer
Steins stellvertretendes Lebensangebot kann sich an das Lebensangebot Christi anschließen. So wie Esther mit ihrem Tod rechnen musste, als sie ungefragt zum König ging, so erwartete Edith Stein ihren Tod.82 Esther durfte leben – Edith Stein nicht. Die freie Entscheidung für etwas, was man nicht wählen kann, ist die höchste Form der Freiheit und des Opfers. Mit Blick auf den drohenden Tod ist diese Opferhaltung das höchste und vollkommenste Opfer, das man bringen kann. Bei Stein drückt sie sich am 14.9.1941, also angesichts der konkreten Bedrohung durch Deportation und Vernichtung, folgendermaßen aus:
„Und würden wir auf die Straße hinausgetrieben, so würde der Herr seine Engel senden, sich um uns zu lagern, und ihre unsichtbaren Schwingen würden unsere Seelen sicherer umfrieden als die höchsten und stärksten Mauern. Wir brauchen das nicht herbeizuwünschen. Wir dürfen bitten, dass uns die Erfahrung erspart bleibt, aber nur mit dem ernst und ehrlich gemeinten Zusatz: ‚Nicht mein, sondern dein Wille geschehe‘.“83
Stein wusste, dass dieses Opfer von ihr verlangt würde; sie nahm es bewusst an. Ihre letzte Hingabe drückt sich aus in dem letzten schriftlichen Zeugnis auf dem Transport nach Auschwitz: “Unterwegs ‘ad orientem’. Theresia Benedicta a Cruce. Edith Stein.”84 Ad orientem, zum Osten; diese liturgische Wort spielt an auf Tod und Auferstehung – ein letztes, beeindruckendes Glaubensbekenntnis.
Im freiwilligen Opfer offenbart sich die Macht des Geopferten; sie bricht die äussere Übermacht der vernichtenden Gewalt: Es ist der Sieg in der Niederlage, der die fast übermenschliche innere Kraft des Opfers zu Tage treten lässt; es ist eine innere Macht, weil die freiwillige Annahme des aufgezwungenen Opfers den Geopferten über den Opfernden erhebt und weil das Aufopfern möglicher Rache oder eines möglichen Ausgleichs die Würde des Geopferten wirkungsvoll wiederherstellt, sodass Versöhnung möglich wird. So kann auch Edith Steins Lebensopfer Brücke zur Versöhnung werden.
Der zum Opfer Gewordene erlangt durch das freiwillige Opfern dessen, was ihm rechtmäßig zukommt, seine eigentliche Würde zurück, die eben darin besteht, frei und bewusst über sein eigenes Leben zu entscheiden. Stein vollzieht das Opfer des Geopferten schon, als es noch nicht von ihr gefordert wird – in der vom Glauben getragenen Hoffnung auf das endgültige Heil.
Wer einen Menschen zum Opfer macht, beraubt ihn seiner Würde; wer hingegen sein Leben für einen Menschen opfert, bezeugt dadurch den unendlichen Wert des anderen. So auch Edith Stein: Dass das Leben ihrer Schicksalsgenossen ihr das ihre wert war, schenkt den mit ihr Geopferten endgültig die ihnen geraubte Würde zurück.
- 1 Den Titel dieses Aufsatzes habe ich entlehnt von Almuth Hammer („Dein Leben ist das meine wert.“ Erlösungsmythen in der Fantasy. In: Ritter, Werner H. [Hg.]: Erlösung ohne Opfer? Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 2003, S. 157-192.), denn er spielgelt Steins Intention wieder. Vgl. Teil 3.
- 2 In neueren Romanen und Filmen wie Harry Potter (J.K. Rowlings) oder „Der Herr der Ringe” (J. R.R. Tolkin) opfert der Protagonist sich selbst – jedenfalls der Intention nach –, aber er überlebt. Vgl. Hammer: „Dein Leben ist das meine wert.“ Vgl. Palaver, Wolfgang: René Girards mimetische Theorie. Im Kontext kulturtheoretischer und gesellschaftspolitischer Fragen, Münster/Hamburg/London: LIT 22004, S. 293f.: „Das Opfer als Hingabe“.
- 3 Vgl. Levinas, Emmanuel: Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht. München: Alber 1992, 41 und 140f. Vgl. Kant, Immanuel: Grundlegung der Metaphysik der Sitten. In: Ders.: Werke in sechs Bänden. Herausgegeben von Wilhelm Weischedel. Gesamtausgabe Bd. IV. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 31983, BA 78f.: Nach Erwägungen über den Wert im Unterschied zum Preis hält Kant fest. „Diese Schätzung gibt also den Wert einer solchen Denkungsart als Würde zu erkennen und setzt sie über allen Preis unendlich weg, mit dem sie gar nicht in Anschlag und Vergleichung gebracht werden kann, ohne sich gleichsam an der Heiligkeit zu vergreifen.“ Vgl. Jonas, Hans: Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2003, 63: „So wie wir nicht um die Heiligkeit des Lebens wüssten, wenn es nicht das Töten gäbe, und das Gebot ‚Du sollst nicht töten’ diese Heiligkeit ins Licht brächte; […] so verhilft auch in unserm Fall einer noch gesuchten Ethik der Fernverantwortung, die keine jetzige Übertretung schon im Realen offenbar gemacht hat, uns erst die vorausgesehene Verzerrung des Menschen zu dem davor zu bewahrenden Begriff des Menschen.“
- 4 Vgl. Jonas: Das Prinzip Verantwortung, 186f.: „Existenz der Menschheit heißt einfach: dass Menschen leben; dass sie gut leben, ist das nächste Gebot. Das nackte ontische Faktum, dass es sie überhaupt gibt, wird für die darin vorher nicht Befragten zum ontologischen Gebot: dass es sie weiter geben soll. Dies an sich namenlos bleibende ‚erste Gebot‘ ist ungesagt in allen weiteren enthalten (wenn diese nicht das Nichtsein zu ihrer Sache gemacht haben).“
- 5 Vgl. Girard : La violence et le sacré. und Ders. : Le sacrifice, Paris: Bibliothèque Nationale de France 2003. Vgl. Schwager, Raymund: Dramatische Theologie als Forschungsprogramm. In: Ders./Niewiadomski, Jozéf (Hg.): Religion erzeugt Gewalt – Einspruch. Innsbrucker Forschungsprojekt „Religion – Gewalt – Kommunikation – Weltordnung“. Beiträge zur mimetischen Theorie. Bd. 15. Münster/Hamburg/London: LIT 2003, S. 39-77, 57ff. Vgl. Schwager, Raymund: Jesus im Heilsdrama: Entwurf einer biblischen Erlösungslehre. Innsbrucker theologische Studien 29, Innsbruck: Tyrolia 1990.
- 6 Vgl. Stein, Edith: Der Intellekt und die Intellektuellen. In: Dies.: Bildung und Entfaltung der Individualität. ESGA 16. Freiburg/Basel/Wien: Herder 2001, S. 143-156, 148 und 155.
- 7 Meistens wird als Wesensmerkmal des Menschen nur die Freiheit aufgerufen, die Verantwortung aber, die direkt mit ihr zusammenhängt, nivelliert. Vgl. Wulf: Der Mensch – ein Phänomen, S. 356ff.
- 8 Vgl. Bollnow, Otto Friedrich: Das Verhältnis zur Zeit. Heidelberg: Quelle & Meyer o.J., 108ff.; vgl. Ders.: Anthropologische Pädagogik. Stuttgart/Bern 31982, 98f.; vgl. Ders.: Neue Geborgenheit. Stuttgart: Kohlhammer 41979, 124ff.
- 9 Vgl. Schoberth, Wolfgang: „Schlachtopfer gefallen dir nicht“ (Ps 40,7) Der Kreuzestod Jesu: Ein Opfer? In: Ritter, Werner H. (Hg.): Erlösung ohne Opfer? Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 2003, S. 83-112, 90.
- 10 Vgl. Ratzinger, Joseph: Einführung in das Christentum. Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis, München: Kösel 1968, 232: „Nicht der Mensch ist es, der zu Gott geht und ihm eine ausgleichende Gabe bringt, sondern Gott kommt zum Menschen. […] Das Neue Testament sagt nicht, dass die Menschen Gott versöhnen, wie wir es eigentlich erwarten müssten, da ja sie gefehlt haben, nicht Gott. Es sagt vielmehr, dass ‚Gott in Christus die Welt mit sich versöhnt hat’ (2 Kor 5,19).“ Vgl. Wulf, Claudia Mariéle: Begegnung, die befreit. Christliche Erlösung als Beziehungsgeschehen, Vallendar: Patris 2009, 212 und 238ff.
- 11 Vgl. Palaver: René Girards mimetische Theorie, 294. Dies ist der Unterschied zu dem Opfer, auf dem Girards Opfertheorie aufbaut. Girard nimmt später eine bedeutende Verschiebung vor von „La violence et le sacré” zu „De la violence à la divinité”.
- 12 Kessler, Hans: Christologie. In: Schneider, Theodor: Handbuch der Dogmatik. Düsseldorf. Patmos, S. 241-442, 252: „Alle charismatische Mittlerfunktion – zumal dann die für Israel so bedeutsame prophetische – beruht auf einem unmittelbaren, persönlichen Kontaktverhältnis mit Gott: Der Charismatiker bzw. der Prophet ist direkt und persönlich von Gott erweckt, von seinem Geist ergriffen (1 Sam 10) oder von Gott berufen (1 Sam 3 u.ö.) Darin unterscheidet sich der charismatische Tat- oder Offenbarungsvermittler von der an die Daviddynastie gebundenen Königsinstitution ebenso wie von dem am Stamm Levi und am Heiligtum haftenden Priestertum.“
- 13 Die prophetische Funktion des Mose betonen Ex 3,4b.6.9-12, Dtn 18,15 und schließlich Hos 12,14.
- 14 Vgl. Gen 17,1-7: „Als Abram neunundneunzig Jahre alt war, erschien ihm der Herr und sprach zu ihm: Ich bin Gott, der Allmächtige. Geh deinen Weg vor mir und sei rechtschaffen! Ich will einen Bund stiften zwischen mir und dir und dich sehr zahlreich machen. Abram fiel auf sein Gesicht nieder; Gott redete mit ihm und sprach: Das ist mein Bund mit dir: Du wirst Stammvater einer Menge von Völkern. Man wird dich nicht mehr Abram nennen. Abraham (Vater der Menge) wirst du heißen; denn zum Stammvater einer Menge von Völkern habe ich dich bestimmt. Ich mache dich sehr fruchtbar und lasse Völker aus dir entstehen; Könige werden von dir abstammen. Ich schließe meinen Bund zwischen mir und dir samt deinen Nachkommen, Generation um Generation, einen ewigen Bund: Dir und deinen Nachkommen werde ich Gott sein.“
- 15 Ex 3,14: „Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin der «Ich-bin-da». Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der «Ich-bin-da» hat mich zu euch gesandt.“
- 16 Kessler: Christologie, 252. Vgl. Dtn 18,15: „Einen Propheten wie mich wird dir der Herr, dein Gott, aus deiner Mitte, unter deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören.“ Vgl. Dtn 34,10f.
- 17 Ex 32-33.
- 18 Vgl. Dtn 34.
- 19 Gelegenheit dazu bot sich immer wieder angesichts des störrischen Volkes während der Wüstenwanderung. Vgl. Ex 16ff. u.ö.
- 20 Vgl. Dtn 3,24 (Fürbitte für das Volk); 9,18f. (Fasten und Gebet als Sühne für das Volk); 34,5; Num 12,1-9 (Verleumdung durch Mirjam und Aaron).
- 21 Nach der Landnahme schlossen sich die Eingewanderten den lokalen Riten an (Ri 2,2ff.) und kündigten Jahwe die Treue (Ri 2,11ff.), so dass er richtend eingreifen und Richter einsetzen musste, um die Gesetzesbrecher voreinander zu schützen (Ri 2,16ff.).
- 22 Das gilt nicht für alle Richter, wohl aber für Otniel (Ri 3,10), Gideon (6,33f.), Jiphtach (11,29); Simson (14,19 und 15,14) und schliesslich König Saul (1 Sam 11,6).
- 23 Vgl. z.B. die Berufungsberichte wie Jes 6; Jer 1 und Ez 1-3.
- 24 Besonders deutlich wird dies bei Hosea, der eine Ehebrecherin heiraten und seinen Kindern Symbolnamen geben muss, die das Schicksal des Volkes vorausdeuten. Vgl. Hos 1,2-3,5. Auch Ezechiel vollzieht stellvertretend und symbolisch und verständlich anmutende und belastende Handlungen: Er muss einen Lehmziegel belagern (Ez 4,1-3) und so lange auf der einen oder anderen Seite liegen, wie Gott dem Volk seine Schuld anrechnet (Ez 4,4-8). Er muss unreines Brot backen (Ez 4,9-17), sich scheren und am geschorenen Haar ausführen, was Gott der Stadt antun will (Ez 5,1-4).
- 25 Die Klage Jesu, „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt“ (Mt 23,37par.), zeigt, inwiefern die Propheten den Unbill auf sich zogen und durch ihren dennoch Gott geleisteten Gehorsam den Weg zum Heil öffneten.
- 26 Vgl. Kessler: Christologie, 252.
- 27 Vgl. Kessler: Christologie, 252ff.: „Könige als Mittler von Gottes rettungs- und Segenshandeln: Die vorexilische Königstheologie.“
- 28 Kessler: Christologie, 254. Diese Verheißung ergeht allerdings indirekt, weil Jahwe den Ruf nach einem König als Affront gegen seine eigene Königsherrschaft auffasst: 1 Sam 8,7: „Der Herr sagte zu Samuel: Hör auf die Stimme des Volkes in allem, was sie zu dir sagen. Denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen: Ich soll nicht mehr ihr König sein.“ Vgl. die Verheißung des messianischen Königtums beim Propheten Jeremia (23, 5ff.): „Seht, es kommen Tage – Spruch des Herrn –, da werde ich für David einen gerechten Spross erwecken. Er wird als König herrschen und weise handeln, für Recht und Gerechtigkeit wird er sorgen im Land.“
- 29 Das ist die Warnung, die Gott der Etablierung des Königtums vorausschickt: 1 Sam 10ff.
- 30 Vgl. Kessler: Christologie, 254ff.
- 31 In 2 Sam 24 wird das Volk für die unrechtmäßige Volkszählung bestraft, die David angeordnet hatte. Für sein Vergehen mit Batseba, der Frau des Urija, wird er mit dem Tod des Kindes und potentiellen Thronfolgers bestraft (2 Sam 22,1-27).
- 32 Vgl. Ez 16,44-58 und 33. So auch die anderen exilischen und nachexilischen Propheten wie Deuterojesaja, Ezechiel, Haggai, Sacharia, Maleachi); frühexilisch bindet sich die Heilsverheißung an die Davididen (Ez 34,23f.; 37,24f.); weitere Mittlergestalten werden z.B. in Mal 3,1f. und Sach 1,9 angekündigt. Heilsverheißungen finden sich z.B. bei Jes 41.
- 33 Vgl. Ez 2,1; 3,12; 37,9.
- 34 Vgl. Ez 18, 1-5: „Das Wort des Herrn erging an mich: Wie kommt ihr dazu, im Land Israel das Sprichwort zu gebrauchen: Die Väter essen saure Trauben und den Söhnen werden die Zähne stumpf? So wahr ich lebe – Spruch Gottes, des Herrn –, keiner von euch in Israel soll mehr dieses Sprichwort gebrauchen. Alle Menschenleben sind mein Eigentum, das Leben des Vaters ebenso wie das Leben des Sohnes, sie gehören mir. Nur wer sündigt, soll sterben. Ist jemand gerecht, so handelt er nach Recht und Gerechtigkeit.“ Vgl. Ez 18,6-9.
- 35 Ez 29,29 und Joel 3,1.
- 36 Jes 44ff.
- 37 Kritisch setzt sich Tritojesaja mit unzuverlässigen Hirten und der unerlösten Situation des Volkes auseinander (vgl. Jes 55-66).
- 38 Jes 42,1-4; 49,1-6; 50,4-9; 52,13-53,12.
- 39 Vgl. Ez 40-48.
- 40Vgl. 1 Sam 15,22: „Wahrhaftig, Gehorsam ist besser als Opfer, Hinhören besser als das Fett von Widdern.“ Vgl. Hos 6,6: „Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis statt Brandopfer.“
- 41 Vgl. Backhaus, Kurt: Artikel Mittler, biblisch-theologisch. In: Lexikon für Theologie und Kirche (LThK). Freiburg/Basel/Wien: Herder 2009, Sp.342.
- 42 Vgl. Lev 4 und 9.
- 43 Vgl. 2 Chr 36,14-16: „Auch alle führenden Männer Judas und die Priester und das Volk begingen viel Untreue. Sie ahmten die Gräueltaten der Völker nach und entweihten das Haus, das der Herr in Jerusalem zu seinem Heiligtum gemacht hatte. Immer wieder hatte der Herr, der Gott ihrer Väter, sie durch seine Boten gewarnt; denn er hatte Mitleid mit seinem Volk und seiner Wohnung. Sie aber verhöhnten die Boten Gottes, verachteten sein Wort und verspotteten seine Propheten, bis der Zorn des Herrn gegen sein Volk so groß wurde, dass es keine Heilung mehr gab.“
- 44 Vgl. z.B. Spr 21,27: „Das Opfer der Frevler ist (dem Herrn) ein Gräuel, zumal wenn es in schlechter Absicht dargebracht wird.“
- 45 Hebr. 10, 1-7: „Denn das Gesetz enthält nur einen Schatten der künftigen Güter, nicht die Gestalt der Dinge selbst; darum kann es durch die immer gleichen, alljährlich dargebrachten Opfer die, die vor Gott treten, niemals für immer zur Vollendung führen. Hätte man nicht aufgehört zu opfern, wenn die Opfernden ein für allemal gereinigt und sich keiner Sünde mehr bewusst gewesen wären? Aber durch diese Opfer wird alljährlich nur an die Sünden erinnert, denn das Blut von Stieren und Böcken kann unmöglich Sünden wegnehmen. Darum spricht Christus bei seinem Eintritt in die Welt: Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gefordert, doch einen Leib hast du mir geschaffen; an Brand- und Sündopfern hast du kein Gefallen. Da sagte ich: Ja, ich komme – so steht es über mich in der Schriftrolle -, um deinen Willen, Gott, zu tun.“
- 46 Vgl. das Gleichnis von den bösen Winzern, das darlegt, dass die früheren Knechte ermordet wurden, ja dass sogar der Sohn sein Leben lassen muss. (Mt 21, 33-41)
- 47 Hebr 1,1-2.
- 48 Vgl. Kessler: Christologie, 271ff.: Jesu heilende Taten als Zeichen und Anfang der Gottesherrschaft.
- 49 Vgl. Jes 61,1-3: „Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe, einen Tag der Vergeltung unseres Gottes, damit ich alle Trauernden tröste, die Trauernden Zions erfreue, ihnen Schmuck bringe anstelle von Schmutz, Freudenöl statt Trauergewand, Jubel statt der Verzweiflung. Man wird sie «Die Eichen der Gerechtigkeit» nennen, «Die Pflanzung, durch die der Herr seine Herrlichkeit zeigt».“
- 50 Vgl. Lk 11,20: „Wenn ich aber die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe, dann ist doch das Reich Gottes schon zu euch gekommen.“ Vgl. Mt 12,28. Vgl. Lk 17,21: „Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es!, oder: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch.“
- 51 Thomas von Kempen 1418.
- 52 Vgl. Lk 4,18. Vgl. Kessler: Christologie: „Die bisherige Hoffnung auf eine innergeschichtliche Erfüllung der Verheißungen Jahwehs hielt nicht mehr stand. Kein irdischer Messias-König konnte in der verfahrenen Weltgeschichte mehr helfen. Gott selbst musste Gericht und Heil herbeiführen und einen radikalen Neuanfang setzen […] (Dan 2,34f.44f.; 3,33; 4,31; 8,25).“ Vgl. Backhaus: Mittler, 343: „Die sühnende Selbsthingabe Jesu stiftet die Einheit zwischen Gott und allen Menschen.“
- 53 Kessler: Christologie, 257.
- 54 Jes 53, 4-6.
- 55 Menke, Karl Heinz: Mittler, systematisch-theologisch. In: Lexikon für Theologie und Kirche (LThK). Freiburg/Basel/Wien: Herder 2009, Sp. 343-346, 346.
- 56 Stein, Edith: Natur, Freiheit und Gnade. Zuerst irrtümlich veröffentlicht als: Die ontische Struktur der Person und ihre erkenntnistheoretische Problematik. In: Dies.: Welt und Person. Beitrag zum christlichen Wahrheitsstreben. ESW VI. (Stein: Natur, Freiheit, Gnade) Freiburg/Basel/Wien: Herder 1962, S. 137-198, S. 161.
- 57 Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 161.
- 58 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 160.
- 59 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 160. Vgl. ebenda: „Die Werke der Liebe, die er – vom Geist erfüllt – vollbringt, seine ganze vom Geist bestimmte Lebenshaltung und Lebensführung leben, ohne dass er es will, die Blicke auf sich. Seine Heiligkeit wird offenbar, freilich nur für die, deren Augen schon aufgetan sind und lockt sie zur Nachfolge an.“
- 60 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 163.
- 61 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 163.
- 62 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 160.
- 63 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 161.
- 64 Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 167.
- 65 Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 161.
- 66 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 162f.
- 67 Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 163.
- 68 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 160ff.
- 69 Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 164.
- 70 Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 168.
- 71 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, S. 170ff.: Stein erwähnt selbst das Opfer für die Bewahrung der Schöpfung.
- 72 Vgl. Stein: Natur, Freiheit, Gnade, 165: „Notwendig gehört nur dazu, dass dem Vertreter der Sinn des Leids als über ihn als Stellvertreter verhängter Strafe prinzipiell zugänglich ist.“
- 73 Stein: Testament A55.
- 74 Stein: Selbstbildnis in Briefen II, Brief 608. Der Text datiert vom Palmsonntag, dem 26.2.1939.
- 75 Die Quelle sagt „Rahmen“ – wahrscheinlich ein Schreibfehler.
- 76 Vgl. Herbstrith, Waltraud: Edith Stein. Ein neues Lebensbild in Zeugnissen und Selbstzeugnissen, Mainz 1983, 153f. Vgl. Edith Stein: Selbstbildnis in Briefen II, 1933-1942. ESGA 3. Freiburg, Basel, Wien: Herder 2000, Brief 638.
- 77 Stein: Testament A55.
- 78 Vgl. Stein: Selbstbildnis in Briefen II, Brief 678 vom 17.XI. 1940: „Befreiung vom Kreuz kann man ja nicht wünschen, wenn jemand den Adel ‚vom Kreuz‘ hat.“ So schreibt sie am 17.11.1940 aus Echt an Mutter Johanna.
- 79 Stein: Testament A55.
- 80 Neyer, Maria Amata/ Müller, Andreas Uwe: Edith Stein – Das Leben einer ungewöhnlichen Frau. Düsseldorf: Benziger 1998, 264-265 und 278-279, Fußnote 21. Vgl. Stein: Selbstbildnis in Briefen II, Brief 580 vom 9. 7. 1938: Stein erklärt so die Wahl ihres Ordensnamens, Teresia Benedicta a Cruce.
- 81 Die Strömung des Ver sacrum, des „Heiligen Frühlings“, ruft den antiken Brauch auf, die Früchte eines Frühlings zum Opfer zu bringen bzw. Mensch und Tier auszusenden, um einen neuen Stamm zu gründen. In der Frömmigkeit ist hier die Stellvertretung – im Lebensopfer oder im Opferleben – einer Gruppe für das Ganze zum Ausdruck gebracht. Vgl. Heurgon, Jacques: Trois études sur le ‚Ver sacrum’. Brüssel 1957.
- 82 Stein: Selbstbildnis in Briefen II, Brief 573 vom 31.10.1938.
- 83 Stein, Edith: Kreuzerhöhung. In: Dies.: Geistliche Texte II, ESGA 20, Freiburg/Basel/Wien: Herder 2007, 134f.
- 84 „Unterwegs ad orientem. Teresia Benedicta a Cruce. Edith Stein.” Zeugnis dieser letzten Notiz war Sr. Placida Laubhardt (1904-1988); ich konnte sie im Januar 1996 dazu befragen. Dokumentiert auf: http://www.kloster-st-lioba.de/assets/sr-placida-dokumation.pdf. Konsultiert am 31. Oktober 2011. Vgl. Suzawa, Christina Kaori: “Unterwegs ad orientem“ Das letzte Zeugnis Edith Steins. In: Beckmann, Beate/Gerl-Falkovitz, Hanna-Barbara: Edith Stein. Themen, Bezüge, Dokumente. Orbis Phänomenologicus. Würzburg: Königshausen & Neumann 2003, S. 227-236.
Literatur:
- Backhaus, Knut: Artikel Mittler, biblisch-theologisch. In: Lexikon für Theologie und Kirche (LThK). Freiburg/Basel/Wien: Herder 2009, Sp. 342-343.
- Bollnow, Otto Friedrich: Neue Geborgenheit. Stuttgart: Kohlhammer (11955). 41979
- Bollnow, Otto Friedrich: Anthropologische Pädagogik. 1.u.2. Aufl. Tokio 1971/72. Stuttgart/Bern 31982.
- Bollnow, Otto Friedrich: Das Verhältnis zur Zeit. Heidelberg: Quelle & Meyer o.J.
- Girard, René: La violence et le sacré. Paris: Grasset 1972.
- Girard, René : Le sacrifice. Paris: Bibliothèque Nationale de France. 2003
- Girard, René : De la violence à la divinité. Paris: Grasset 2007.
- Hammer, Almuth: „Dein Leben ist das meine wert.“ Erlösungsmythen in der Fantasy. In: Ritter, Werner H. (Hg.): Erlösung ohne Opfer? Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 2003, S. 157-192.
- Herbstrith, Waltraud: Edith Stein. Ein neues Lebensbild in Zeugnissen und Selbstzeugnissen. Freiburg/Basel/Wien: Herder 1983.
- Heurgon, Jacques : Trois études sur le ‚Ver sacrum’. Brüssel 1957.
- Jonas, Hans: Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2003.
- Kant, Immanuel: Grundlegung der Metaphysik der Sitten. Kritik der praktischen Vernunft. Die Metaphysik der Sitten. In: Kant, Immanuel: Werke in sechs Bänden. Herausgegeben von Wilhelm Weischedel. Gesamtausgabe Bd. IV. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 31983.
- Kessler, Hans: Christologie. In: Schneider, Theodor: Handbuch der Dogmatik. Düsseldorf. Patmos, S. 241-442. (Kessler: Christologie)
- Levinas, Emmanuel: Ohne Identität. In: Ders.: Humanismus des anderen Menschen. Hamburg: Meiner 1989, S. 85-104.
- Levinas, Emmanuel, Totalität und Unendlichkeit. Versuch über die Exteriorität. Freiburg/München: Alber 21993. (Totalité et Infini. Essai sur l’Extériorité. La Haye: Martinus Nijhoff (1961) 21966.)
- Levinas, Emmanuel: Vom Einen zum Anderen. In: Ders.: Wenn Gott ins Denken einfällt: Diskurse über die Betroffenheit von Transzendenz. Übers. von Thomas Wiemer. Mit einem Vorwort von Bernhard Casper. Freiburg/München: Alber (1985) 42004, S. 229-265.
- Levinas, Emmanuel: Bemerkungen über den Sinn. In: Ders.: Wenn Gott ins Denken einfällt: Diskurse über die Betroffenheit von Transzendenz. Übers. von Thomas Wiemer. Mit einem Vorwort von Bernhard Casper, Freiburg/München: Alber (1985) 42004, S. 195-228.
- Levinas, Emmanuel: Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht. München: Alber 1992. Autrement qu’être ou au-delà de l’essence. La Haye: Martinus Nijhoff 1974.
- Menke, Karl Heinz: Mittler, systematisch-theologisch. In: Lexikon für Theologie und Kirche (LThK). Freiburg/Basel/Wien: Herder 2009, Sp. 343-346.
- Neyer, Maria Amata/Müller, Andreas Uwe: Edith Stein – Das Leben einer ungewöhnlichen Frau. Düsseldorf: Benziger 1998.
- Ratzinger, Joseph: Einführung in das Christentum. Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis. München: Kösel 1968.
- Palaver, Wolfgang: René Girards mimetische Theorie. Im Kontext kulturtheoretischer und gesellschaftspolitischer Fragen. Münster/Hamburg/London: LIT 22004.
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- Schwager, Raymund: Brauchen wir einen Sündenbock? Gewalt und Erlösung in den biblischen Schriften. München: Kösel 1978.
- Schwager, Raymund: Jesus im Heilsdrama: Entwurf einer biblischen Erlösungslehre. Innsbrucker theologische Studien 29. Innsbruck: Tyrolia 1990.
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- Stein, Edith: Natur, Freiheit und Gnade. Zuerst irrtümlich veröffentlicht als: Die ontische Struktur der Person und ihre erkenntnistheoretische Problematik. In: Dies.: Welt und Person. Beitrag zum christlichen Wahrheitsstreben. ESW VI. Freiburg/Basel/Wien: Herder 1962, S. 137-198.
- Stein, Edith: Das Leben einer jüdischen Familie. ESGA 1. Freiburg/Basel/Wien: Herder 2002.
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- Stein, Edith: Der Intellekt und die Intellektuellen. In: Dies.: Bildung und Entfaltung der Individualität. ESGA 16. Freiburg/Basel/Wien: Herder 2001, S. 143-156.
- Stein, Edith: Kreuzerhöhung. In: Dies.: Geistliche Texte II. ESGA 20. Freiburg/Basel/Wien: Herder 2007, S. 147-151.
- Stein, Edith, Testament. Im Edith Stein Archiv, Köln, A55.
- Suzawa, Christina Kaori: “Unterwegs ad orientem“ Das letzte Zeugnis Edith Steins, in: Beckmann, Beate/Gerl-Falkovitz, Hanna-Barbara: Edith Stein. Themen, Bezüge, Dokumente. Orbis Phänomenologicus. Würzburg: Königshausen & Neumann 2003, S. 227-236.
- Wulf, Claudia Mariéle: Begegnung, die befreit. Christliche Erlösung als Beziehungsgeschehen. Vallendar: Patris 2009.
- Wulf, Claudia Mariéle: Was ist gut? Eidetische Phänomenologie als Impuls zur moraltheologischen Erkenntnistheorie. Vallendar: Patris 2010.
- Wulf, Claudia Mariéle: Der Mensch – ein Phänomen. Eine phänomenologische, theologische und ethische Anthropologie. Vallendar: Patris 2011.
DDr. Claudia Mariéle Wulf
hat den Lehrstuhl für Moraltheologie/Christliche Ethik an der Katholischen Fakultät der Universität Tilburg mit Sitz in Utrecht inne. Wulf studierte Pädagogik mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung und katholische Theologie. Sie promovierte in Philosophie über die Anthropologie Edith Steins („Freiheit und Grenze“ 2001, 22005) und in Theologie über das pastorale Gespräch über Schuld („Schuld, ins Wort gebracht 2008, 22011).
Der Artikel geht zurück auf einen Vortrag beim Internationalen Kongress „EDITH STEIN VERBINDET“ am 8.-10. Juni 2012 am Zentrum für Dialog und Gebet in Oświęcim.
© Autor und Centrum Dialogu i Modlitwy w Oświęcimiu.