METROPOLIT VON KRAKAU

Vorwort

      Vielleicht ist es sogar gut, daß das Vorwort einem der älteren Zeugen der Geburt des Dialoges in Auschwitz, bzw. der Oświęcimer Dialoge, zukommt.
      Diese Erde spricht von dem, was auf ihr geschehen ist, die Stimme der Fakten ist immer Partner im Dialog und wir müssen ihr erlauben, ja sie sogar einladen, daß sie zu uns spricht. Das Jahr 1972 war ein mächtiger Schrei: da war die Stimme eines Menschen, der Maximilian hieß, katholischer Priester war und die Nummer 16670 trug. Wir hörten sie im Jahr nach seiner Seligsprechung. Sieben Jahre später interpretierte Johannes Paul II während der hl. Messe zwischen den Mauern der Lagerbaracken den Ruf Maximilians nach Liebe zum Menschen, nach Anerkennung seiner Würde und Rechte.
      Ich konnte an dieses Auschwitzer Thema anknüpfen, das zum Leitmotiv des Werkes der Versöhnung zweier Völker wurde: des deutschen und des polnischen. Darin lag eine Rückkehr zu den christlichen Wurzeln Europas! Bischöfe beider Völker unterschrieben auf dem Platz neben dem Todesblock eine Bitte um die Heiligsprechung von Pater Maximilian Kolbe als Märtyrer. Aus diesen Wurzeln leben wir.
      Und noch ein Zeugnis über den Dialog – mit Vertretern des jüdischen Volkes. Ein schwieriger Dialog. Seine erste Frucht war der Bau des neuen Klosters des Karmel und des „Zentrums für Dialog und Gebet“. Beide Früchte sind von dem Baum, der aus europäischen Wurzeln lebt. Die Wurzeln rufen danach, nicht verdrängt zu werden. In ihnen ist lebendige Weisheit und die Kraft der Wahrheit über den Menschen, über seine Rechte und Pflichten. Ohne sie wäre für die Zivilisation das möglich, was das unvorstellbar Schlimmste ist – aber gegenseitige Ehrerbietung und Achtung, Liebe und ein Ort für Gott können die Menschen und ihre Welt retten.
      Ich danke den Freunden unserer Oświęcimer Dialoge für die ausdauernde Treue und Hilfe. Ich danke Gott dafür und lade in die Gemeinschaft um Auschwitz – selbst eingeladen – ein.

+ Franciszek Kard. Macharski

Krakau, am 19. August 2003

Übersetzt von Manfred Deselaers